Ich hab‘ es getan! Und das, obwohl mir Sebastian Fitzek mit seinem „Passagier 23“ die Lust am Lesen verdorben und mich mit seinem „Das Joshua Profil“ brutal ins Hirn gerammt hat. Dabei ist Fitzeks neuer Roman “Flugangst 7A” vor allem eines: Ein geschickt inszeniertes Ablenkungsmanöver!
Leser lassen sich im großen und ganzen nicht von der literarischen Qualität eines Buches zum Kauf animieren; sie wollen eine gute Geschichte mit ins Flugzeug nehmen, die sie fesselt, hineinzieht und zum Umblättern zwingt. Stephen King
Was in aller Welt hat mich dazu veranlasst, erneut ein Buch von Sebastian Fitzek zu lesen? In Flugangst 7A geht es um einen Passagier geht, der sich anstelle eines Kreuzfahrtschiffes, in 10.000 Metern Höhe in einem Airbus A380 befindet.
Schuld daran ist Gene Glover. Ein Fotograf.
Und der Satz:
„Die Figuren tun, was sie wollen.“
Es war am frühen Morgen. Menschen wuseln wie geschäftige Ameisen von und zu den Bahnsteigen, als folgen sie einem lautlosen Befehl. Ein ganz normaler Tagesbeginn auf dem Bahnhof SBB in Basel. Mir bleibt noch etwas Zeit bis zur Abfahrt meines Zuges.
Nichts Böses ahnend schlendere ich in die Buchhandlung von Orell Füssli, als ich ihn sehe.
Fitzek!
Ich bin gebannt, kann meine Augen nicht von ihm lassen. Im Gegenteil, er zieht mich, wie von einem unsichtbaren Faden gezogen, zu sich heran. Und dann ist es geschehen. Bevor mir bewußt wird, was ich da eigentlich tue, halte ich das Kundenmagazin „Lesen“ mit dem genialen Coverfoto, auf dem Sebastian Fitzek zu sehen ist, in der Hand. Diese monochromen Farben, die geniale Beleuchtung. Fitzek, der wie ein Held über ein Feld läuft, die Umrisse eines Flugzeugs sind im Hintergrund verschwommen zu sehen. Und der Satz: „Die Figuren tun, was sie wollen.“ Ein Interview mit Sebastian Fitzek über sein neustes Werk „Flugangst 7A“.
Ich lese und ein Satz des Interviews lässt mich aufhorchen: „Ich bin mit keinem meiner Bücher wirklich zufrieden und will mich ständig verbessern.“ Und auf die Frage, ob er denn heute besser schreibe als früher, antwortet Fitzek: „Ich glaube, es gibt keine Kurve, das mäandert dahin. Aber ich sehe eine Entwicklung.“
Das geniale Cover. Dieser eine Satz.
Fitzek, ich gebe dir eine neue Chance!
Ich gebe zu: Es ist meine Neugier, die mich dazu veranlasst hat, „Flugangst 7A“ zu lesen. Weil ich herausfinden wollte, ob Fitzek tatsächlich besser schreibt als in seinen bisherigen Werken. Vielleicht hat er zwischenzeitlich „Stephen King – Das Leben und das Schreiben“ gelesen, eines der besten Schreibratgeber die es je gegeben hat. Denn vieles, was Fitzek im Interview sagt, kommt mir bekannt vor – eben aus jenem Buch von Stephen King, der sagte, dass „…die Figuren die treibende Kraft sind und „wenn die Charaktere stärker werden, sie zunehmend den Verlauf der Handlung bestimmen, anstatt von ihr beeinflußt zu werden.“
Es gibt eine tödliche Waffe, die durch jede Kontrolle kommt
Flugangst 7 A – kurze Inhaltsangabe Für alle die, die das Buch nicht kennen, hier die Beschreibung, wie sie auf dem Buchrücken des im Droemer Verlages erschienenen Werks zu lessen ist:
Es gibt eine tödliche Waffe, die durch jede Kontrolle kommt. Jeder kann sie ungehindert an Bord eines Flugzeugs bringen. Ein Nachtflug Buenos Aires – Berlin. Ein seelisch labiler Passagier. Und ein Psychiater, der diesen Passagier dazu bewegen soll, die Maschine zum Absturz zu bringen – sonst stirbt der einzige Mensch, den er liebt.
Kurze Inhaltsangabe mit meinen Worten:
Mats Krüger, ein in Bueno Aires und aus Berlin stammender Psychiater mit massiver Flugangst, muss auf schnellstem Weg zurück in seine Heimatstadt, da seine einzige Tochter ein Kind bekommt. Während des Fluges wird Krüger nicht nur mit seinen eigenen Urängsten konfrontiert, sondern erhält einen perfiden Auftrag: Ein Bord befindet sich eine ehemalige Patientin, die er soweit bringen soll, das Flugzeug abstürzen zu lassen. Sollte die Maschine unbeschadet in Berlin landen, wird seine entführte, hochschwangere Tochter getötet.
Stephen King schreibt in seinem „Das Leben und das Schreiben“, dass die Aufgabe des Autors darin besteht, den Geschichten einen Ort zur Verfügung zu stellen, an dem sie sich entwickeln können.“
Gibt es einen spannenderen Ort, als mit 600 Menschen eingebüchst in einer Röhre aus Aluminium in 10.000 Metern Höhe über dem Boden zu fliegen? Jeder kennt das Gefühl des Ausgeliefertsein, das spätestens beim Einstieg in ein Flugzeug beginnt. Angegurtet auf einem Platz (im schlimmsten Fall irgendwo auf einem Mittelsitz zwischen kreischenden Kindern oder schnarchenden dickbäuchigen Männern, deren Schwabbeln unter der Sitzlehne hervorquellen).
Fitzek lässt seine Figuren zeitgleich an Bord des Flugzeugs und in Berlin agieren. Kurze Kaptitel, die stets mit Cliffhängern enden. So wie es Stephen King vorgegeben hat: Eine Geschichte, die den Leser dazu zwingt, die Seiten umzublättern. Das kann Fitzek auf seine typische Fitzek-Art ganz gut. Es gibt auffallend wenig klischeebehaftete Beschreibungen und Fitzeks Lieblingswort aus dem „Das Joshua Profil“ kommt im ganzen Roman nur einmal vor! Soweit so gut.
Bei der Landung hätten die Passagiere gekotzt
Doch je länger ich lese, je mehr sich die Geschichte entwickelt, so kommt sie doch immer wieder ins ruckeln. Wie ein entspannter Nachtflug, der jede Stunde vom Warnsignal und der Durchsage, sich sofort auf die Sitze zu begeben und sich anzuschnallen, unterbrochen wird, weil eine instabile Luftfront durchflogen wird.
Das Ende der Geschichte, um beim Vergleich einer Flugreise zu bleiben, kommt einer misslungenen Landung gleich, bei der die Passagiere ordentlich gekotzt hätten. Fitzek setzt zur Landung an, doch wie bei einer Maschine, die aufgrund starker Turbulenzen oder wegen plötzlichem Seitenwind in letzter Sekunde durchstarten muss um ein, zwei Platzrunden zu drehen um dann erneut zur Landung anzusetzen (oder abdrehen muss, um auf einen anderen Flugplatz auszuweichen), zieht sich das Ende in die Länge, bevor endlich die Landeklappen ausfahren und der Flieger mit einem Rumms auf der Landebahn aufkommt, der die Deckel der Overhead-Compartments aufspringen lässt. Applaus gäbe es für eine derartige Landung keine (höchstens aus Erleichterung).
Das Buch ist ein geschicktes Ablenkungsmanöver des Autors
Fitzek hat es geschafft: Er hat tatsächlich einen besseren Roman geschrieben als „Das Joshua Profil“ und „Passagier 23“. Wobei Titel und Geschichte des neuen Romans ein sehr geschicktes Ablenkungsmanöver sind.
Denn eigentlich geht es in „Flugangst 7A“ um etwas ganz anderes. Es ist der verzweifelte Kampf des Autors mit seinem inneren Schweinehund. Sein neustes Buch ist eine Kampfansage, ein inneres Ringen, das zu schaffen, wozu ihm nach eigener Aussage in den Anmerkungen, die Willenskraft fehlt: Sebastians Fitzeks Verlangen, dem Fleischkonsum adé zu sagen. Insgeheim bewundert Sebastian Fitzek Veganer und wäre dabei gerne selber einer. Wer zwischen den Zeilen liest, spürt den innigen Wunsch des Autors, „es länger als nur an einem Tag der Woche“ durchzuhalten, und „komplett auf tierische Produkte zu verzichten”, wie Fitzek in den Anmerkungen verlauten lässt.
Wer gerne und viel Fleisch isst, sei gewarnt! Dieses Buch könnte Ihr Essverhalten drastisch verändern.
Und Ihnen, lieber Sebastian Fitzek möchte ich Mut machen: Sich vegan zu ernähren ist einfacher als einen verdammt guten Roman zu schreiben. Aber Sie sind auf dem besten Weg dahin.
Ach ja, ich bin übrigens gespannt auf ihren nächsten Roman! Und wenn Sie mal in meiner Nähe sind, lade ich Sie zum veganen Burger-Essen ein. Ich kenne da ein ausgezeichnetes Restaurant, das Sie überzeugen wird!
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