Einige Wochen vor Fitzeks „Passagier 23“ las ich ein ganz anderes Genre: Historischer Roman. Eigentlich ist es eine Liebesgeschichte vor historischem Hintergrund. Titus Müllers neuster Roman „Berlin Feuerland“ spielt während der Märzunruhen 1848.
Darin erzählt er die Geschichte des Tagelöhners Hannes, der im Berliner Industrieviertel Feuerland lebt. Er bessert sein kärgliches Einkommen damit auf, indem er neugierigen Bürgern die Armut in den heruntergekommenen Hinterhäusern zeigt. Eines Tages lässt sich eine Gruppe junger vornehmer Damen von ihm durch die engen Gassen von Berlins Industrieviertel führen. Darunter Alice, die über das Ausmaß der Verelendung schockiert ist.
Das Buch habe ich an zwei Nachmittagen gelesen. Und das, obwohl ich gar kein Fan von historischen Romanen und Liebesgeschichten bin. Nachdem ich seit vielen Jahren seine Bücher rezensiere, kann ich behaupten, dass ich den Autor Titus Müller recht gut kenne, was den Stil seiner Bücher betrifft. Titus Müller hat sich als Autor historischer Romane einen Namen gemacht. Seine Romane beinhalten dabei immer das selbe „Strickmuster“: Eine Liebesgeschichte – eine Frau, die sich zwischen zwei Männern entscheiden muss – vor einem dramatischen historischen Ereignis. Allerdings rückt dabei die Liebesgeschichte nie in den Vordergrund und bestimmt den Plot. Sie bleibt ein Beiwerk, das die eigentliche Geschichte belebt. Dass dabei einige Abschnitte sehr konstruiert wirken und ich den Wandel der Protagonistin Alice nicht als glaubwürdig empfand, schmälerten den Lesegenuss nur wenig.
Was mich an den Büchern von Titus Müller so fasziniert ist seine Gabe, ein dramatisches historisches Ereignis vor dem Auge seines Lesers so lebendig werden zu lassen, als stünde dieser selbst mittendrin. Titus ist ein wunderbarer Erzähler. Seine Figuren werden lebendig, der Leser lebt mit den Figuren und das lässt das Buch so spannend werden, dass man es kaum aus der Hand legen möchte. Was ich an den Romanen von Titus Müller schätze: Sie sind hervorragend recherchiert. Am Ende seiner Romane findet sich stets ein Anhang über die historischen Hintergründe. Dabei erhält der gelesene Roman eine weitere Tiefe, denn der Leser erhält einen Einblick wie gründlich und sorgfältig diese Geschichte aufbereitet und anhand weiterer fiktiver Personen erzählt wurde.
Bei seinem neusten Roman „Berlin Feuerland“ wählte Titus Müller den Aufstand von 1848 zum Thema. Julius Minutoli, der Berliner Polizeipräsident ahnte, was geschehen würde: Er war durch seine Spitzel gut unterrichtet, was sich im Volk zusammenbraute. Die einfachen Handwerker, Fabrikarbeiter und Händler litten unter Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftslage war schlecht, es herrschte Pressezensur. Minutoli, der König Friedrich Wilhelm IV vor den Unruhen warnte, fand kein Gehör. Das Pulverfass explodierte.
Titus Müller lebte 18 Jahre lang in Berlin und schreibt auf seiner Website, dass ihn „selten ein Romanthema so gefesselt hat wie dieses“. Das ist jeder Seite des Buches anzuspüren. Die Faszination überträgt sich auf den Leser. Ein wunderbares gut erzähltes Historiendrama, das die Geschehnisse in Berlin im März 1848 lebendig werden lässt.
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