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Gefangen in der Wildnis

Butch und Gordi
Während der Nacht nahm der Sturm an Kraft zu, unsere Cabin wurde regelrecht durchgerüttelt und ich fragte mich allen ernstes, ob der Buffalo-Fence, der rund 2,5 Meter hohe Zaun, der die Nanuk Lodge umgibt, dem peitschenden arktischen Wind standhält.
Gegen halb acht blickte ich aus dem Fenster und traute meinen Augen kaum: Da tappte ein Eisbär vorbei. Er blieb stehen, direkt am Zaun vor meiner Cabin, schnupperte in die Luft. Jetzt stellt er sich gleich auf und testet den Zaun, dachte ich, während mein Pulsschlag merklich zunahm. Stattdessen hockte sich der Eisbär hin! Saß einfach nur da. Und ich stehe da, in meinen Pyjamas und habe meine Kamera in der Lodge gelassen! Ich fasse es nicht. Was habe ich daraus gelernt? Das nächste Mal mache ich es wie meine beiden Cree Guides – Gordi (links) und Butch (rechts). Die gehen nirgendwo hin ohne ihre Winchester. Gordi nennt seine liebevoll „Oncle Tom“. Die Rifles sehen aus, als hätten sie schon ihre Kugeln im ersten Weltkrieg verschossen. Butch sagt von seiner, dass sie noch immer „smooth as an arrow“ – gradlinig wie ein Pfeil – schießt.

Es stürmt noch immer sehr stark. Mike ist zuversichtlich, dass die Sturmfront bald abgezogen ist und der Flieger in Gillam starten kann. Ich habe da so meine Bedenken.
Polar Bear Watch
Vorgestern haben wir mit den ATVs – All Terrain Vehicles einen ganztägigen Ausflug unternommen. Wir haben zahlreiche Flüsse durchquert, sind etliche Male im Schlamm steckengeblieben. Schließlich haben wir sie gefunden – die Eisbären. Zehn Stück haben wir gesichtet. Andi, unser Guide führte uns langsam an sie heran. Zeigt der Bär kein Interesse und entfernt sich, ziehen auch wir uns wieder zurück. Ist er neugierig, lässt Andi ihn näherkommen – bis auf rund 20 Meter. Dann ruft er ihm zu – sagt ihm Sachen wie „Ok, Buddy, das ist jetzt nah genug, jetzt mach dich wieder vom Acker“. Beim ersten Bär, der uns so nahe gekommen ist, hat das auch gut funktioniert. Anders als bei dem großen Eisbär vorgestern.
Polar Bear Hudson Bay
Er streunte am Ufer der Hudson Bay herum. Plötzlich wurde er neugierig und innerhalb kürzester Zeit war er drüben bei uns.
Polar Bear Hudson Bay
Von einer Minute zur anderen hatte sich die Situation verändert. Von „Hoffentlich kommt der Bär näher, damit wir ein gutes Foto machen können“ zu „Wow, das ist jetzt ganz schön brenzlig“. Andi rief dem Bär zu, der ließ sich davon nicht irritieren. Und kam noch näher. Mein Herz schlug wie verrückt. Vor mir stand Andi, unser Guide, grade mal einen halben Kopf größer als ich, neben ihm Gordi. Butch startete sein ATV und fuhr rechts neben Andi. Selbst das Motorengeräusch beeindruckte den Eisbär nicht. Er schnupperte und kam noch näher. Jetzt zog Andi seinen Revolver und schoss. Es war ein so genannter „Screamer“ – eine Schreckschusspistole. Das und lautes Zurufen machte dem Bär dann klar, dass er uns zu nah gekommen war. Dann drehte er um und lief davon. Leute, ich sag euch, das war eine einzige aufregende Safari, die wir hier erlebt haben. Einem Eisbären in freier Wildbahn so nahe zu kommen – ohne den Schutz eines Tundra-Buggies oder Autos, das kann man nur auf der Nanuk Lodge erleben mit Churchill Wild erleben.

Ka Waa Me Tin

Polar Bear at Hudson Bay
Ka Waa Me Tin heißt soviel „Bis bald“ in Cree. In der Sprache der Cree gibt es kein Wort für Abschied. Wie treffend. Denn eigentlich will ich gar nicht mehr von Nanuk weg. Wir sitzen in der Main Lodge, im Kamin knackt das brennende Holz. Es regnet und windet sehr heftig. Ob die beiden Flugzeuge wohl zur Lodge fliegen können?
Momentan läuft hier alles auf Batterie, die Lichter sind abgeschaltet, die Satellitenverbindung bricht immer wieder ab.
Die Tage auf Nanuk waren ein einziges Erlebnis. Gestern haben wir 10 Eisbären gesichtet, einer davon kam uns SEHR nahe. Fotos und Bericht werden folgen, sobald ich wieder zurück in der Zivilisation bin.
UPDATE: Stuck in the wild
Wegen heftigen Regen und Sturm konnten die Flugzeuge in Gillam nicht starten. Hier stürmt es ebenfalls sehr heftig. Wir sind gefangen in der Wildnis und müssen abwarten, bis der Sturm sich legt. Konkret: Heute kommen wir nicht mehr weg. Morgen? Vielleicht. So ist das eben, wenn man wirklich in der Wildnis ist. Den Elementen ausgesetzt.
UPDATE 2: Eben höre ich von Eleanor via facebook, dass es in Ilford schneit. Ilford ist nicht so weit weg von unserem Standort. Noch stürmt und regnet es wie verrückt und für morgen ist auch kein besseres Wetter angesagt.
Die Kanadier Mark und Rick spielen einen Mix von Heavy Metal und 80er Jahre Musik – erste Anwandlungen von Cabin Fever? Noch haben wir genügend Wein und Bier – und jetzt wird zum Abendessen gerufen. Stuck in the wild – eigentlich ne coole Sache.

Auge in Auge mit dem Eisbär

Night at Nanuk Lodge
Nachts auf der Nanuk Lodge. Weit weit weg von irgendeiner Zivilisation. Bis nach Gillam ist es eine Stunde – mit dem Flugzeug. Ich höre den Wind, wie er über die Tundra heult. Am Horizont zucken Blitze. Der Mond taucht die Landschaft in ein geisterhaftes Licht. Ich warte auf die Nordlichter. Doch dann zieht der Himmel zu.
Nanuk Lodge
Als ich mir um 7 Uhr meinen Kaffee in der Main Lodge einschenke, kommt Gordi, einer unserer Native Guides. Um 6 Uhr in der Frühe war ein Eisbär am Zaun. „Das nächste Mal musst du mich unbedingt wecken“, sage ich zu Gordi. Deswegen sind wir ja hier. Schlafen kann ich zu Hause wieder.
Ich klettere auf den Aussichtsposten. Kein Eisbär zu sehen. Nach dem Frühstück fahren wir mit den Allrad-Quads zur Hudson Bay. Eisbären sehen wir keine. Wir kehren zum Mittagessen zur Lodge zurück. Mit der Nachmittagsexkursion müssen wir warten, bis die Flut sich von der Hudson Bay zurückgezogen hat.
Ich packe das Fernglas und klettere wieder auf den Tower. Keine Minute später habe ich einen Eisbären im Visier.
Polar Bear at Nanuk
Auf den Quads fahren wir in die Nähe des Eisbäres und gehen zu Fuß langsam weiter. Unser Guide Andy führt uns Schritt für Schritt näher an den Eisbär. Er soll sich an uns gewöhnen und erkennen, dass wir keine Gefahr darstellen. Noch ist der Eisbär rund 80 Meter von uns entfernt. Dann kommt er langsam näher. Er stoppt, schnuppert, guckt uns an. Mein Herz beginnt zu rasen. Andy spricht mit dem Bär: „Hey Buddy, was geht“. Er kommt noch näher. Jetzt trennen uns nur noch rund 25 Meter von dem Eisbär. Und macht Anstalten, noch näher zu kommen. Das ist jetzt selbst Andi zuviel. Er klopft auf das Quad. Der Bär weicht ein paar Schritte zurück. Und fängt wieder an, in den Büschen nach Beeren zu suchen. So, als wären wir überhaupt nicht da. Erst als wir wieder die Quads starten, schaut er uns neugierig hinterher. Ein unglaubliches Erlebnis, einem Eisbär in freier Wildbahn in die Augen zu sehen.
Danach fuhren wir weiter die Hudson Bay entlang – weitere Eisbären haben wir aber am Nachmittag nicht mehr zu Gesicht bekommen – nur unser Buddy, der war noch immer am selben Ort und schaute uns lange hinterher, als wir wieder an ihm vorbeifuhren.
Hudson Bay

Nanuk

Polar Bear at Nanuk
Polar Bear at Nanuk
Polar Bear at Nanuk Lodge

Welcome to the last frontier„, so begrüsste uns Mike Reimer als wir gestern nach einem einstündigem Flug vom Gillam auf der Nanuk Polar Bear Lodge ankamen. Mitten im Wapusk National Park, im nördlichen Manitoba, Kanada.
Um uns herum nichts als Wildnis und jede Menge Eisbären. Den ersten haben wir bereits eine halbe Stunde nach unserer Ankunft gesichtet.
Heute geht es gleich nach dem Frühstück auf Expedition, den Eisbären auf der Spur. Die Nanuk Polar Bear Lodge ist die einzige Lodge, die es ermöglicht, Eisbären in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten.