Joe Nimble Mountain Addict Testbericht

Ein wenig sieht er aus wie ein Wanderschuh auf Speed. Mit urbanem Style und Design passt der Joe Nimble Mountain Addict optisch eher auf die Tanzfläche trendiger Clubs als auf steile Bergtrails. Konzipiert wurde er für Speedhiking, Trail und Wandern. Wir haben ihn auf den herausfordernden Trails am Belchen im Südschwarzwald getestet.

Der Mountain Addict ist optisch ein echter Hingucker. Sehr auffällig die Vibram EVA Mittelsohle, die in einem strahlenden weiß daherkommt. So reinweiß wie nach dem ersten Auspacken wird sie allerdings nicht bleiben, das sei gleich zu Beginn verraten.
Die grauen Streifen, die an Blitze erinnern, unterstreichen die Ambition des Schuhs, der auf Schnelligkeit ausgelegt ist. Auffällig die breite Zehenbox, von Joe Nimble als Toefreedom bezeichnet. Dazu später mehr.

Auffällig sind die hohen, weißen Sohlen und die grauen Streifen des Mountain Addict

Eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Adidas Terrex Primeblue kann ich nicht verleugnen, vom Aufbau gleichen sich die Schuhe, wobei der Adidas im Vorderfußbereich wesentlich schmaler geschnitten ist.

Mountain Addict – erster Eindruck

Trotz seiner wuchtigen Optik ist der Mountain Addict ein Leichtgewicht. Auf meiner Kaffeewaage bringt es mein Modell (Größe 6) auf 382,5 Gramm. Der Schuh ist sehr wertig und solide verarbeitet. Sehr gut gefällt mir die Vibram Megagrip Litebase Sohle. Die Sohle wurde mit einer Technologie entwickelt, die das Eigengewicht und die Sohlendicke reduziert, gleichzeitig den bewährten Grip und somit die Performance gewährleistet. Mit einem breiten Noppenprofil ausgestattet,  zeigt sie deutlich, dass der Schuh für den Einsatz im Gelände (und nicht auf den Bühnen angesagter Clubs) gemacht ist.

Als Futter hat Joe Nimble so genanntes Full Mesh Lining (100 Prozent recycled) und eine Sympatex Membran verarbeitet. Es gibt keine störenden Nähte, der Schuh  ist wie aus einem Guss gemacht. Diese ist nach Herstellerangaben bis zu 25% biobasiert und soll für Atmungsaktivität sorgen, gleichzeitig auch den Fuß vor Nässe schützen.
Wo genau der Schuh hergestellt wird, ist auf der Webseite und im Aufdruck im Schuh leider nicht zu sehen.

Der Schuh ist solide und wertig verarbeitet

Im Fersenbereich erleichtert eine Schlaufe das Anziehen, wobei man diese gar nicht benötigt, da man sehr leicht in den Schuh hineinschlupfen kann. Ist der Fuß im Schuh hat sich das bei mir wie „daheim“ angefühlt. Der Mountain Addict passt perfekt zu meinem Fuß. Nichts drückt, nichts engt ein. Ich habe einen guten Stand, meine Zehen genügend Platz.

Der Schuh lässt sich mit einem Zug an den Schnürsenkeln zuziehen. Der Zug muss allerdings kräftiger ausfallen und hier spüre ich, wie die doch recht dünnen Schnürsenkel in meine Hände schneiden. Das ist unangenehm und augenblicklich wünsche ich mir dickere Schnürsenkel.
Die Schnürsenkel werden oben an der Zunge verschnürt, hier hätte ich mir eine zusätzliche Fixierung gewünscht. Allerdings verrutschte nichts während der Wanderung. Trotzdem bleibt das Gefühl, dass weiter oben etwas fehlt.

Der erste Eindruck: Ein prima Schuh, der sich an meinen Fuß schmiegt ohne zu schwer oder zu klobig zu sein. Allerdings fällt mir eines sofort auf: Es ist kein Barfuß-Schuh und die Sohle/Dämpfung ist recht ordentlich. Das ist für mich wirklich gewöhnungsbedürftig, da ich überwiegend in minimal gedämpften Barfuß-Schuhen unterwegs bin.

Kein Barfuß-Schuh

Wichtig ist zu betonen, dass es sich beim Modell Mountain Addict um keinen Barfuß-Schuh mit Null Absatzsprengung handelt (wie beispielsweise der Joe Nimble Wandertoes 2.0). Der Mountain Addict hat eine 4 Millimeter Sprengung und eine Standhöhe von 31 mm. Die Einlegesohle ist 6 mm dick mit einem zusätzlichen 3 mm Fersenpolster.

Mountain Addict – auf dem Trail am Belchen

Hoch über dem Kleinen Wiesental am Belchen im Südschwarzwald

Die Testwanderung fand bei trockenem Wetter mit bewölktem Himmel und Temperaturen um die 10 Grad im März 2024 im Gebiet des 1414 Meter hohen Belchen im Südschwarzwald statt.

Der Trail führt anfangs als Weg über Wiesengelände, geht dann in einen Waldpfad über. Später auf steilem, teils felsigem Gelände durch Bannwald, entlang der Hangkante auf schmalen Pfad im Wald mit teils schwierigem Terrain, wo Trittsicherheit und Schwindelfreiheit gefordert ist. Zurück ging es überwiegend auf einem breitem Forstweg, den ich im leichten Trab gegangen bin.
So konnte ich den Schuh und seine Performance auf unterschiedlichen Untergründen testen.

Mountain Addict – in der Praxis

Wie bereits beschrieben war die großzügige Dämpfung und die 4 mm Sprengung zunächst gewöhnungsbedürftig. Vom Joe Nimble Wandertoes 2.0 war ich ein, ich will es mal als „minimalistisches Gehen“ bezeichnen, gewöhnt. Weniger Sohle, weniger Dämpfung, Null-Absatz, einfach mehr Barfuß-Gefühl. Das fällt beim Mountain Addict weg. Hier spürt man mehr Schuh als den Untergrund auf dem man sich bewegt.

Die Schnürsenkel hätte ich mir dicker gewünscht

Allerdings – und hier kommt die Speed-Komponente ins Spiel: Der Mountain Addict will ja kein Barfußgefühl vermitteln. Er ist auf Speed getrimmt. Vorwärtsgehen, schnell vorankommen, guter Grip, wenig Ermüdung der Füße. Und das macht er mit Bravour. Das Abrollen funktioniert wie aus einem Guss. Kein Rutschen der Ferse, kein Druck, keine Blasen. Das Vorankommen im Mountain Addict ist leicht federnd, was insbesondere auf den härteren Waldwegen eine echte Wohltat ist. Der Halt im schwierigeren Gelände war gut, wobei mich hier die hohe Sohle doch etwas beeinträchtigte, weil mir das Bodengefühl fehlte. Wer keine minimalistischen Barfußschuhe gewöhnt ist, dürfte dies indes gar nicht bemerken.

Trittsicherer Auftritt: Die Vibram Sohle überzeugt auf jedem Untergrund

Die Sohle bietet einen super Grip, egal ob auf Felsen, Waldboden oder an extrem steilen und rutschigen Pfaden. Der Vorderfuß ist durch die breite und stabile Zehenkappe prima geschützt
Auch die Schnürsenkel hielten prima. Wenn ich mich recht erinnere, musste ich einmal den Schnürsenkel neu schnüren. Und auch kleine Jogging-Abschnitte lassen sich mit dem Mountain Addict prima bewältigen. Die Füße fühlten sich nach der rund 10 Kilometer langen Tour noch immer sehr gut an, ich hatte keine Scheuer- oder Druckstellen.

Die Toefreedom Philosophie

Joe Nimble hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Laufschuhen mit Zehenfreiheit spezialisiert. Dabei spielt der große Zeh eine wichtige Funktion, da er nicht nur die natürliche Pronationsstütze des Körpers ist, sondern auch für bis zu zehn Prozent der Vortriebskraft beim Abstoßen verantwortlich ist. Die breite Zehenbox der Joe Nimble Schuhe gibt den Zehen den notwendigen Raum, um sich beim Laufen zu spreizen und somit die Flexibilität und Kraft in den Laufschritt zu übertragen. Wer genaueres erfahren möchte, kann das auf der Webseite nachlesen.

Vergleich Mountain Addict – Adidas Terrex Primeblue

Links der Adidas Terrex Primeblue, rechts der Joe Nimble Mountain Addict

Weil ich die Ähnlichkeit kurz angesprochen hatte: Der Adidas Terrex hat mir optisch gut gefallen (ist die weiße Sohle ein Marketing-Trick, die zum Kauf animiert, frage ich mich?).
Allerdings habe ich den Schuh nach der ersten Wanderung gleich in Rente geschickt. Ich bin so dermaßen auf dem Terrex hin- und hergeschwommen, dass ich ihn jetzt als Straßen- und Alltags-Schuh benutze. Das ist beim Mountain Addict nicht der Fall. Den würde ich alerdings nicht als Alltags-Schuh nutzen wollen.

Vergleich Mountain Addict – Joe Nimble Wandertoes 2.0

Links der Joe Nimble Wandertoes 2.0 in Leder, rechts der Mountain Addict

Da ich den Joe Nimble Wandertoes 2.0 getestet habe, meinen Testbericht gibt es hier zu lesen, ein Wort dazu:
Es sind zwei völlig unterschiedliche Schuhe mit einem unterschiedlichen Konzept. Zwar vereinen beide das Konzept des Toefreedom, aber das war es auch schon.
Der Wandertoes 2.0 aus Leder ist kaum am Fuß zu spüren, er trägt sich sehr angenehm, hat außer seinem weichen Oberleder keine Dämpfung und ist somit auch luftiger am Fuß. Durch die 10 mm Zwischensohle aus EVA mit Null-Absatzsprengung hat man im Wandertoes 2.0 das Barfußgefühl mit einer breiten Zehenbox. Der Schuh weißt dennoch eine gute Dämpfung auf, ohne dass dabei das direkte Bodengefühl verloren geht. Der große Schwachpunkt hat sich bei der Sohle gezeigt: Die Soles by Michelin Sohle hat sich extrem schnell abgelaufen. Sehr schade, denn der Wandertoes 2.0 ist nach wie vor ein prima Schuh für Tages- und Mehrtageswanderungen mit leichtem Gepäck.

Mountain Addict – Fazit

Der Mountain Addict ist für schnelle Wanderungen die richtige Wahl. Er besitzt die DNA der Trail Addict Serie, die Trail Laufschuh-Edition von Joe Nimble.
Natürlich eignet er sich auch für langsame Wanderungen, allerdings hat man im Mountain Addict aufgrund der Dämpfung und 4 mm Sprengung nicht das Bodengefühl, das man vom Wandertoes 2.0 her kennt.
Wer einen schnellen Hiker sucht und mehr Wert auf schnelles, denn als auf achtsames Wandern mit Bodengefühl sucht, wird im Mountain Addict einen prima Schuh finden, der zu neuen Höchstleistungen inspiriert.

Joe Nimble Mountain Addict im Überblick

  • Material: Mesh Upper Obermaterial
  • Futter: Full Mesh Lining (100 % recycled) wasserdichte Sympatex Membran (bis zu 25% bio)
  • Außensohle: 6,5 mm Vibram Megagrip Litebase mit Traction Lug Technologie
  • Zwischensohle: 18,5 mm Vibram EVA
  • Einlegesohle: 6 mm EVA plus 3 mm Fersenpolster
  • Standhöhe: 31 mm mit 4 mm Sprengung
  • Gewicht: 422 Gramm Herren, 335 Gramm Damen
  • Einsatzbereich: Speedhiking, Trail, Wandern im Mittelgebirge und Gebirge
  • Preis: 269 Euro

Weitere Informationen auf der Webseite von Joe Nimble

Offenlegung: Der Joe Nimble Mountain Addict wurde mir als Testexemplar kostenlos zur Verfügung gestellt. Für diesen Testbericht habe ich kein Honorar erhalten, auch wurde meine Meinung nicht durch den Hersteller beeinflusst.

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