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Schnorcheln mit Belugas bei null Grad

Belugas haben es gut. Sie sind ja auch für dieses kalte Wasser des arktischen Meeres geschaffen. Anders als wir, die an diesem nebligen Dienstagmorgen im Hudson River mit den Belugas schnorcheln wollen. Ich bin skeptisch ob die 7 mm dicke Arctic Wetsuite die Kälte abhält. Wenn es in Churchill Nordwind hat, kommt die kalte arktische Luft über die Bay gezogen. An diesem Morgen waren es drei Grad Lufttemperatur. Wassertemperatur um die null Grad. Wir hatten eisigen Nordwind. 

Wenn euch erst einmal das erste Eisstück den Rücken runterläuft, ist das schlimmste überstanden, meint Dennis. Er hat gut lachen, er muss ja auch nicht ins Wasser. Sobald wir im Wasser sind, sollen wir uns erst einmal ruhig auf den Rücken legen, sagt Dennis. Unser Herz würde aufgrund der Kälte erst einmal rasen und wir müssen uns an die Temperatur gewöhnen. Ich frage mich, wie ich mich an null Grad Wassertemperatur gewöhnen soll, wenn ich mich selbst im Hochsommer erst ab mindestens 24 Grad ins Wasser traue. 

Die ersten Belugas sind bereits da und warten auf uns!

Geschafft! Ich bin überrascht, dass ich keinen Kälteschock bekomme. Aber wenn sich das Wasser erst einmal seinen Weg in die Wetsuite bahnt, ist es wirklich gruselig kalt. Man darf sich bloss nicht groß bewegen, sonst kommt erneut kaltes Wasser rein. Wir greifen nach den Bootsleinen und lassen uns langsam vom Boot ziehen. Ich starre in das kalte grüne Wasser des Hudson River. Aber wo sind die Belugas? Ich fasse es nicht, hier treibe ich bei null Grad im Wasser und alles was ich sehe ist grünes Wasser. Hinter mir höre ich blubbernde Begeisterungsrufe. Here here here there are. Na super, ich sehe nichts, nur ein paar olle Quallen, die blass an mir vorbei schweben. Keine Ahnung wie lange ich da ins Trübe starrte, von Belugas keine Schwanzflosse zu sehen. Zurück auf dem Boot erzählt Anette begeistert wie sie sich auf den Rücken gelegt haben, ganz nah an ihr vorbei geschwommen sind. Ich frage mich, ob ich heute morgen auch wirklich meine Kontaktlinsen eingesetzt habe. Dennis denkt ich mache einen Scherz, aber ich habe wirklich nichts gesehen. Wir fahren weiter raus. Meine Zähne klappern. Im Wasser war es irgendwie wärmer, wenn man bei diesen Temperaturen überhaupt von Wärme sprechen kann. 

Es geht erneut ins Wasser.

Und jetzt, jetzt sehe ich sie auch! Mit einem Schlag denke ich nicht mehr an die Kälte. Die Belugas kommen. Weiße, sanfte Tiere, neugierig schwimmen sie um mich herum, legen sich auf den Rücken, schauen mich von unten an als wollten sie mir zurufen: „Komm spiel mit uns“. Auf einmal sind zehn, fünfzehn Belugas bei mir, legen sich auf den Rücken, drehen sich um, ziehen weiter. Das Spiel wiederholt sich. Und dann, dann höre ich sie Tschirben. Wow. Was für ein Erlebnis. Ich bin völlig hin und weg. Vergesse, dass ich im Hudson River bin und eigentlich frieren sollte. Ich habe eine mir fremde Welt betreten die einfach nur faszinierend ist. Dass gestern hier ein Eisbär gesichtet wurde und ich mit meiner Wetsuite wie eine leckere Robbe aussehe, verdränge ich. Immer wieder schwimmen die Belugas auf mich zu, ziehen an mir vorbei als wüssten sie, dass ich sie fotografiere. Eigentlich hätte ich noch Stunden im Wasser bleiben wollen, doch unsere Körper signalisieren uns, dass wir trotz Artic Suite eben nur Besucher in dieser faszinierenden Welt der Belugas sind. 

 

Eine Anmerkung zu den Beluga-Fotos: Die Aufnahmen habe ich mit einer Fuji Splash Kamera gemacht, einer Einwegkamera mit 800 ISO Film. Tierfotograf Dennis Fast hatte mir berichtet, dass es ganz schwierig ist, gute Unterwasseraufnahmen von Beluga-Walen zu machen. Deswegen, weil das Wasser der Hudson Bay sehr trübe ist. Und wir hatten noch einen sehr nebligen Tag erwischt. Das Wasser ist tatsächlich nicht so dunkel und man kann die Wale auch viel besser sehen. In Anbetracht der billigen 10 Euro Kamera bin ich eigentlich noch ganz erstaunt über die Ergebnisse. 

Meine Güte, was hatten wir einen Bärenhunger nach diesem Ausflug. Deshalb führte unser Weg gleich nach der warmen Dusche ins Gypsies – the place to eat in Churchill. 

Spielende Kinder auf den Straßen von Churchill.

Das Quad zählt zu den gängigsten Fortbewegungsmitteln in Churchill. 

Im Winter steigt man dann auf diese Monsterschneemobile um.

Das deutsche Auenland in Kanada

Die Ortschaften hier heißen Sommerfeld, Neuenburg, Schönau, Altona, Hanover und Steinbach. Ich bin im Mennonitenland. Die Geschichte habe ich mir heute Nachmittag im Mennonite Museum in Steinbach angesehen. Und habe ein deutsches Auenland entdeckt: Als nämlich die ersten Mennoniten 1874 hier nach Steinbach kamen, hatten sie nicht genügend Zeit, um vor dem harten Winter ein Haus fertig zustellen. Also bauten sie so genannte Semlins, die sich rund einen Meter unter der Erdoberfläche befanden. Für mich sieht es aus wie die Häuser des Auenlandes – mit dem einen Unterschied, dass sie – typisch deutsch eben- sehr eckig gebaut sind. 

Jetlaged in Winnipeg

Es ist 5.20 Uhr hier in Winnipeg und ich bin hellwach. Gestern bin ich nach einem sehr langen Tag hier angekommen. Der Flug von Frankfurt nach Ottawa war recht ruppig. Der Service musste mehrmals unterbrochen werden, der Kapitän wechselte die Flughöhe und hat sich mindestens drei mal für die Turbulenzen entschuldigt. Von Ottawa ging es weiter nach Winnipeg, noch einmal fast drei Stunden Flugzeit. Obwohl Winnipeg 700.000 Einwohner hat, wirkt hier alles dörflich und ruhig. Wenig Verkehr, wenig Menschen, dafür einen Himmel der einem den Atem verschlägt. Das Land ist flach wie eine Flunder. Viel mehr kann ich noch nicht sagen, bin todmüde ins Bett gefallen. Am Montag geht es dann up North zu meinem Bestimmungsort. Straßen führen da keine hin. Man kommt nur mit dem Zug (dauert 36 Stunden) oder mit einem Propellerflugzeug hin.