Sommerzeit. Das ist die Zeit der Shorts, Sonnenbrillen und Sandalen. Denn nichts ist schlimmer als Füße, die bei 30 Grad Celsius in stickigen Socken und hohen Wanderschuhen stecken. Dass Flip Flops nicht zum Wandern taugen liegt auf der Hand. Doch wie sieht es mit Sport- und Tekkingsandalen aus? Wandern in Sandalen – geht das? Welche sind dazu geeignet? Und gibt es sie, die perfekte Wandersandale?
Wer meinen Blog folgt, weiß dass ich minimalistisches Schuhwerk liebe. Im Laufe der Zeit habe ich so einiges an minimalistischen Schuhen und Sandalen ausprobiert. Dabei stellte sich immer deutlicher heraus, was für mich funktioniert und was nicht. Eine der Marken, die für meine Füße wie gemacht sind und die ich seit über 15 Jahren trage, ist Keen, deren Markenzeichen die geschütze Zehenkappe ist.
Mein erster Keen war die Owyhee, eine Hybridsandale für Aktivitäten rund ums Wasser. Bis heute ist dieser Schuh der beste, der Keen je hergestellt hat. Ich hatte ihn auf zahlreichen Reisen in Neuseeland, Kanada und Asien dabei. In Thailand überlebte der Owyhee sogar eine fiese Hundeattake.
Mit der Clearwater CNX bringt Keen eine Sandale ins Programm, die für ein, so der Hersteller „beinah Barfuß-Lauf-Gefühl“ steht. Weniger Sohle, weniger Dämpfung und vor allem weniger Sprengung – damit ist die Höhendifferenz zwischen Ferse und Vorfuß gemeint – sollen für ein leichtes, barfußähnliches Gehen bei voller Performance sorgen.
Vor zwei Jahren testete ich den Keen Evofit auf seine Wandertauglichkeit, nun wollte ich wissen, was der Clearwater CNX beim Wandern taugt. Ebenfalls im Test die Trekkingsandale Keen Arroyo III für Herren, die weiter unten im Artikel besprochen wird.
Wie wir getestet haben
Unser Test fand auf zwei Strecken im südlichen Schwarzwald statt.
Erster Test auf einer 13 Kilometer Rundwanderung mit Waldwegen, Pfaden, Schluchten, Asphalt
Zweiter Test: Gipfel-Tour Simonswald mit 22 Kilometern und 1000 Höhenmeter Auf- und Abstieg
Auf meiner Website stelle ich hin und wieder Produkte vor, die ich auf Reisen, bei der Arbeit und in der Freizeit einsetze. Für das Verfassen der Erfahrungsberichte erhalte ich kein Honorar vom Hersteller, noch nimmt dieser Einfluss auf den Inhalt. Sollte ich für einen Test Muster erhalten haben, wird dies ausdrücklich erwähnt.
Für diesen Testbericht wurden mir die Modelle Clearwater CNX und Arroyo III vom Hersteller zur Verfügung gestellt.
Die perfekte Wandersandale
Die gibt es nicht. Nichts ist perfekt. Muss auch nicht. Es reicht, wenn es gut genug ist. Schließlich besitzt auch niemand von uns perfekte Füße, oder?
Wir testeten die Keen-Sandalen auf dem Hutpfad im südlichen Schwarzwald. Auf dem 13 Kilometer langen Wanderweg konnten wir unterschiedliches Terrain unter die Sohlen nehmen – von Asphalt über Schotterwege, Waldwege und schmale Pfade, auf denen Trittsicherheit gefordert war. In den steilen Waldschluchten war der Boden oft matschig, ideal also, um den Grip der Schuhe auf die Probe zu stellen.
Testbericht Keen Clearwater CNX
Es gibt nicht viele Schuhe, die mir so gut passen wie die des amerikanischen Herstellers Keen. Meine Füße sind muskulöser und breiter und damit bekomme ich bei schmalen Schuhen Probleme. Keen wurde oft für seine breiten Latschen kritisiert. Worauf die Schuhmarke eine eigene Kollektion speziell für schmale Damenfüße entwickelte. Lustigerweise ist die Terradora-Kollektion viel zu schmal für meine Füße und ich bin mit den breiten Keen happy.
Gespannt war ich nun auf den Keen Clearwater CNX, der über ein flaches Profil verfügt und ein stärkeres Barfuß-Laufgefühl vermitteln soll. Ich wählte den Schuh in der Lederversion, da ich ihn hauptsächlich an Land und nicht im Wasser verwenden möchte. Wobei das Leder aus wasserfestem Material besteht und sich der Schuh genausogut im Wasser eignet wie die Synthetikmodelle. Deshalb auch das kleine gelbe Label auf dem Schuh mit dem Hinweis „Waterproof“.
Passform
Der Clearwater kommt leicht und luftig daher. Dagegen wirkt der Keen Evofit One schon fast klobig. Allerdings ist er im Vergleich zur Evofit auch schmaler geschnitten. Während der Keen Owyhee und der Evofit One ideal zu meinen Füßen passen, bin ich mit der Passform beim Clearwater irritiert. Liegt es an der Größe? Der Schuh in 38,5 scheint mir zu groß. Also lieber eine halbe Nummer kleiner nehmen. Bei Größe 38 kommt er mir fast zu kurz vor. Er passt, aber eben nicht zu 100%.
Beim Clearwater vermisse dieses Reinschlupf-Wohlfühl-Feeling. Der Clearwater scheint mir geeigneter für schmale Füße zu sein. Er trägt sich mit einem leichten, luftigen Gefühl. Als hätte man sich lediglich eine flache Sohle unter die Füße geschnallt, denn die 232,5 Gramm Gewicht spürt man kaum. Und anders als minimalistische Schuhe, die über keine Daämpfung verfügen, ist der Clearwater mit einer leichten PU-Zwischensohle ausgestattet. Das zeichnet sich in einer leichten Dämpfung aus, die sehr angenehm ist. Nur das Gefühl, dass er eben nicht optimal zu meinen Fuß passt, irritiert. Wobei die linke Seite besser sitzt als die rechte. Auch das habe ich so noch bei keinen anderen Schuhen oder Sandalen so erlebt.
Grip
Die Keen Sandalen sind mit einer Gummi-Außensohle ausgestattet. Bei der Clearwater ist es ein so genanntes Messerschnittprofil. Das ist jetzt kein ausgesprochenes Profil für unwegsames Gelände. Trotzdem ist der Grip der Sandale ob auf Asphalt, Schotter oder Waldwegen super. Auch auf dem abschüssigen Hutpfad mit steilen Anstiegen, rutschigen Holzbrücken und felsigen Pfaden finde ich genügend Halt und komme nicht ins Rutschen.
Dabei sei gesagt, dass Wandern in minimalistischen Schuhen mehr Achtsamkeit erfordert als in festen, halbhohen Wanderstiefeln. In Sandalen oder minimalistischen Schuhen ist das Wandererlebnis ein völlig anderes. Denn ich spüre meinen Untergrund, ich spüre Steine, Wurzeln oder weichen Boden. Ich mag dieses direkte Feedback, was ich nicht erlebe, wenn ich mit Wanderschuhen über die Pfade walze.
Und ja, es kommt vor, dass sich mal ein Steinchen oder ein kleiner Zweig zwischen Fuß- und Schuhsohle verirrt. Passiert allerdings weniger häufig als man denkt. Das hängt aber wohl auch mit dem Lauf- bzw. Gehstil zusammen. Denn bei minimalistischen Schuhen tritt man nicht mit der Ferse auf, sondern mit dem Mittelfuß oder Vorderfuß, was natürlich einiges an Umdenken, bzw. Übung erfordert.
Fazit
Nach 13 Kilometer Wandern mit dem Keen Clearwater CNX fühlten sich die Füße noch immer wohl und frisch an. Die Sandale sitzt wie eine Socke, nichts rutscht oder reibt. Es gab keinerlei Druckstellen, auch keine Reibung an der Ferse. Der Grip überzeugt auf den unterschiedlichsten Böden. Die Dämpfung ist ausreichend, auch bei stundenlangen Spaziergängen auf Asphalt kommt keine Ermüdung in den Füßen auf. Der Fuß ist gut belüftet, wobei aufgrund der geschlossenen Zehenkappe natürlich weniger Luft zirkulieren kann. Die Optik ist gelungen, der Clearwater macht auch zu Jeans oder Rock eine gute Figur ohne klobig zu wirken.
Eigentlich eine perfekte Sandale. Eigentlich. Was also fehlt, um sie perfekt zu machen?
Was ich vermisse, ist eine Schnürung, die das Fersenband fixiert. Bei meinen alten Owyhee läuft ein Fersenband durch, das mit der Schnürung verbunden ist. Schnalle ich die Schnürung fester, wird automatisch das Fersenband enger geschnürt. Es ist eben genau diese geniale Fersenband-Schnürung, die ich am Clearwater CNX vermisse. Damit hätte ich den Schuh eine halbe Nummer größer nehmen können, der Sitz wäre besser und ich hätte ihn mittels Schnürung an der Ferse optimal an meinen Fuß anpassen können. Ohne Fersenband ist mir die 38,8 nämlich zu groß – das Fersenband rutschte obwohl es eigentlich meine richtige Größe gewesen wäre.
Mein Wunsch an Keen: Bitte bitte bitte designt den Clearwater CNX mit einem etwas breiteren Fußbett und verpasst ihm eine Schnürung mit Fersenband.
Für welche Aktivitäten ist der Clearwater CNX geeignet?
Der Clearwater CNX ist ein perfekter Allrounder für den Sommer. Ob Wandern, Wassersport, Spaziergänge in der City – die Sandale sitzt leicht und locker, bietet genügend Schutz an den Zehen und ist gut belüftet. Sie eignet sich ebenso auf wurzligen Pfaden wie bei Bachdurchquerungen und ist auch für Wassersportarten wie StandupPaddling, Kajak oder Kanu geeignet.
Denn was gibt es schöneres als an einem heißen Tag durch einen Bach zu waten oder die Füße in einen eiskalten Bergbach zu hängen. Mit dem Clearwater an den Füßen muss ich dazu nicht einmal die Schuhe ausziehen.
Allerdings würde ich bei überwiegendem Einsatz am und im Wasser eine der anderen Keen-Sandalen wie Keen SOLR oder Newport Hydro bevorzugen. Wer lieber in Wanderschuhen wandert, wird den Clearwater nach der Wanderung als Freizeitschuh lieben! Luft an den Füßen tut einfach gut!
Fazit nach 22 Kilometern und 1000 Höhenmetern Auf- und Abstieg
Bei dieser anspruchsvollen Tageswanderung kam der Clearwater CNX definitiv an seine Grenzen! Hier fehlt der Sandale der Grip sowie die Stütze für den Mittelfuß und Ferse, um auf den steilen An- und Abstiegen den nötigen Halt zu gewährleisten. Durch den erhöhten Kraftaufwand führte dies zu einer deutlichen Ermüdung der Füße und Beinmuskulatur. Obwohl ich keine Blasen oder Reibung an den Füßen hatte, würde ich den Clearwater nicht mehr für längere Tageswanderungen mit entsprechenden Höhenmetern einsetzen.
Der Keen Clearwater CNX in der Übersicht
- 4 mm Sprengung zwischen Vorderfuß und Ferse für ein natürliches Barfuß-Gefühl
- Fußgewölbeunterstützung für zusätzliche Stützung im Mittelfußbereich
- waschbares, wasserdichtes Obermaterial aus Leder
- abriebfeste Gummi-Außensohle mit Messerschnittprofil
- leichte PU-Zwischensohle
- wasserabweisendes Mesh-Futter
- 232,5 Gramm Gewicht
- in der Maschine mit wenig Waschmittel und Schonwaschgang waschbar
- UVP 109,95 Euro in der Leder-Ausführung (2 Farben erhältlich)
- UVP 99,95 Euro in der Synthetik-Ausführung (8 Farben erhältlich)
Die Keen Clearwater CNX können direkt über den Keen-Webshop bestellt werden.
Testbericht Keen Arroyo III für Herren
Ich trage seit Jahren den Keen Owyhee mit dem ich sehr zufrieden bin. Inzwischen besitze ich mein drittes Paar, das bald erneuert werden muss, weil Schnüre und Bänder ziemlich abgenutzt sind. Leider wird er nicht mehr hergestellt, sonst würde ich mir mein viertes Paar kaufen. Die Sandalen sind super bequem, geben dem Fuß genügend Schutz, vor allem im Zehenbereich und sie sind einfach zeitlos.
Passform
Typisch Keen eben. Die sitzen einfach super. Der Fuß und insbesondere die Zehen haben genügend Platz, die Füße spüren Freiheit, können atmen. Nichts ist eingeengt, reibt oder drückt.
Normalerweise ziehe ich die Keen barfuß an. Meine Füße sind gut durchlüftet, der Owyhee besitzt ein klasse Fußbett und der Grip ist super. Obwohl die Sandale hauptsächlich für Wasseraktivitäten gedacht ist, bin ich mit dem Schuh auf dem Tockenen rundum glücklich. Der Arroyo III sieht dem Owyhee zwar ähnlich, ist jedoch eine ganz andere Sandale mit anderen Schwerpunkten.
Grip
Normalerweise wandere ich nur in meinen halbhohen Wanderschuhen. Ich finde den Arroyo III sehr bequem, allerdings kann ich den Schuh nicht ohne Socken anziehen, weil mich das Innenfutter irritiert.
Der Arroyo hat einen klasse Grip, die Sohle sieht sehr nach Wanderschuh aus. Der Schutz mit der Zehenkappe ist super und der Fuß sitzt sehr bequem.
Man spürt den Arroyo kaum, da er um ein vieles leichter ist als meine Wanderschuhe. Mit der großzügigen Belüftung sind Schweißfüsse kein Thema mehr. Das Profil ist klasse, der Grip und die Bodenhaftung ist sagenhaft. Ich bin nicht ein einziges Mal weggerutscht.
Ohne Socken kann ich ihn nicht tragen, ich habe es versucht, allerdings irritiert mich das Netzinnenfutter. Socken in Sandalen ist nicht grade sexy, aber nur so gehts. Was mich störte waren kleine Steinchen, die ihren Weg in die Sandale fanden.
Fazit
Der Arroyo III ist – im Vergleich zu meinen Owyhee mehr Schuh denn Sandale. Ich würde ihn eigentlich nicht mehr als Sandale bezeichnen. Er sitzt gut, ist gut durchlüftet und der Grip ist genausogut wie in einem festen Wanderschuh.
Das das größte Manko war, dass sich die Schnürung immer wieder löste und der Schuh dann lockerer wurde. Ich musste ihn mehrmals nachjustieren. Beim Wandern, vor allem mit Hund ist das extem mühsam. In der Stadt oder auf normalen ebenen Wegen ist das kein so großes Problem, aber auf den steilen, rutschigen Pfaden des Hutpfads ist ein lockerer Schuh ein Sicherheitsrisiko.
Wenn die Schnürung besser funktionieren würde, könnte ich mir vorstellen, dass er meinen Wanderschuh während der Sommermonate ersetzt. So wird er ein treuer Begleiter für leichtere Wandereungen und Spaziergänge, bei denen der Schuh auch etwas lockerer sitzen darf.
Fazit nach 22 Kilometern und 1000 Höhenmetern Auf- und Abstieg
Auf dieser Wanderung trug ich den Arroyo mit etwas dickeren Merinowollsocken. Und was war ich froh, dass meine Füße nicht in meinen Wanderschuhen steckten! An diesem heißen Junitag waren die Füße gut belüftet, der Schuh sitzt leicht und bequem. Der Grip ist phänomenal, ich bin kein einziges Mal auf den steilen Pfaden ausgerutscht. Ich hatte keine Blasen oder unangenehme Reibung. Das Fußbett ist super, einfach rundum bequem. Allerdings würde ich den Arroyo nicht für Trekkingtouren verwenden, bei dem schweres Gepäck getragen wird.
Der Keen Arroyo III in der Übersicht
- vereint die Eigenschaften eines Wanderschuhs mit einer Sandale
- wasserdichtes Leder mit Öffnungen für Belüftung
- multidirektionale Außensohle für hartes Gelände
- sicher zu verstauende Schnürsenkel
- Fersenstütze für Stabilität
- Obermaterial aus wasserdichtem, abwaschbarem Nubukleder
- abriebfeste Gummi-Außensohle
- schnelltrocknendes Futter für aktiven Einsatz
- herausnehmbares EVA-Fußbett
- umweltfreundliches Premium-Leder aus zertifizierter Gerberei
- UVP 129,95 Euro
Der Keen Arroyo III kann direkt über den Keen Webshop bestellt werden.
Ein wirklich guter Artikel. Eine tolle Beschreibung und Ausführung. Die Wanderung mit der richtigen Ausrüstung bringt es halt.