Wandern in Sandalen – blanker Unsinn oder luftiger Genuss? Der Keen Evofit ist zwar eine Wassersandale, eignet sich laut Hersteller auch für andere Outdoor-Aktivitäten. Ich wollte wissen, ob er auch auf den Trails im Schwarzwald zurechtkommt.
Tropische Hitze – und das im Schwarzwald. Im Juli herrschen schwülwarme 30 Grad. Bei diesen Temperaturen Wanderschuhe schnüren müssen – der reinste Horror. Warum also nicht in Sandalen wandern? Blanker Unsinn oder luftiger Genuss?
Auf meiner Website stelle ich hin und wieder Produkte vor, die ich auf Reisen, bei der Arbeit und in der Freizeit einsetze. Für das Verfassen der Erfahrungsberichte erhalte ich kein Honorar vom Hersteller, noch nimmt dieser Einfluss auf den Inhalt. Sollte ich für einen Test Muster erhalten haben, wird dies ausdrücklich erwähnt.
Tropische Hitze und Wanderschuhe? Der reinste Horror
Der heiße Sommertag bietet sich an, um die Keen Evofit zu testen. Der Evofit ist laut Herstellerangaben eine Wassersandale, die sich auch für andere Outdoor-Aktivitäten eignet. Keen ist bekannt für seine Hybrid-Sandalen, die sich gleichermaßen für den Einsatz am und im Wasser sowie auf dem Land eignen.
Hinweis: Die Evofit One Sandale wurde mir von Keen für den Test zur Verfügung gestellt.
Im Alltag getragen erwies sich der Evofit One als bequem und angenehm. Reinschlupfen und Wohlfühlen. Allerdings fehlte für den Test bislang der längere Einsatz im Gelände. 14 Kilometer und rund 550 Höhenmeter sollen ausreichen um mir einen Eindruck darüber zu geben, ob der Keen Evofit auch in Höhenlagen landtauglich ist.
Die mit der Zehenkappe
Keen ist für seine breiteren Schuhe mit der großzügig geschnittenen Zehenkappe bekannt. Ästhetisch gefällt das nicht jedem, für mich hingegen passt es perfekt. Die Keen sind wie gemacht für meine breiteren Füße. So auch der Evofit. Reinschlupfen und Wohlfühlen. Die Sandalen sitzen fest am Fuß, das soll auch so sein. Das Obermaterial, bestehend aus synthetischem Gewebe, ist elastisch und legt sich eng an den Fußrücken. Die Sandale erhält damit einen „sockenähnlichen“ Sitz. Der Keen Evofit ist auf den ersten Blick mehr Schuh als Sandale. Will damit sagen, dass er mehr Gewebestoff als andere Sandalen-Modelle von Keen besitzt. Das ist im ersten Moment etwas ungewohnt, danach fühlt sich der Fuß fest und sicher mit der Sandale verbunden – was insbesondere im Wasser wichtig ist.
Perfekter Sitz und guter Grip
Selbst bei schwülheißen 30 Grad helfen auch keine Sandalen. Es ist heiß und beim Wandern schwitzen auch die Füße. Der Grip des Fußes auf dem Fußbett ist super – kein lästiges Rutschen im Schuh, was an dem wirklich guten Fußbett und dem perfekten Sitz des Evofit liegt. Nichts wackelt oder rutscht – Fuß und Schuh bilden eine Einheit.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass mein Fuß unter dem enganliegendem Synthetikgewebe (Nylon und Polyester) doch mehr schwitzt als in meinen alten Keen Owahee (der leider nicht mehr in der Frauenversion hergestellt wird). Was positiv auffällt und gefällt: Die Sohle gibt keine quitschenden Geräusche von sich und dank der sockenähnlichen Passform kommt es zu keinen „Flip-Flop“-Tönen beim Gehen wie beim Owahee.
Nicht für’s grobe Gelände ausgelegt
Auf Ashalt ist der Grip super! Ich komme sehr gut voran, fühle mich sicher und kann mich auf mein Schuhwerk voll verlassen. Om Ortsrand geht der geteerte Weg in einen schottrigen Waldweg über. Es geht bergauf, anfangs noch leicht, dann wird der Weg immer steiler. Und dann gerät die Sohle an ihre Grenzen. Will ich kraftvoll abstoßen, rutsche ich derb nach hinten ab. Sandiger und schottriger Boden ist also nicht wirklich das Lieblingsterrain des Evofit One. Er ist halt kein Schuh mit Stollen für’s grobe Gelände. Der loose Grund verlangt aufmerksames Gehen – und entsprechende Korrektur sobald ich ins Rutschen gerate.
Allerdings ist die Sohle ein wirklich guter Kompromiss – schließlich soll sie ja beim Wassersport wie auch am Land gute Bodenhaftung vermitteln. Und das gelingt auf festem Untergrund wie Felsen, Waldwegen, Wiesen, Asphalt sehr gut.
Auch positiv zu bemerken ist, dass trotz des steinigen Bodens so gut wie keine Steinchen in die Sandale geraten.
Luftiges Gehen
Sobald der Waldweg ebener wird, trete ich erneut sicher und kraftvoll auf. Das Fußbett ist nicht allzustark geformt, was mir sehr gut gefällt und meine Füße, die inzwischen fast ausschließlich in so genannten Barfußschuhen ohne Sprengung stecken, sehr begrüßen. Die Zwischensohle federt minimal, was ein luftiges, unbeschwertes Gehen ermöglicht. Ich empfinde es jedenfalls als sehr angenehm.
Auch als wir ein kleines Stück abseits des Weges durch den Wald laufen, sitzt der Evofit prima. Ich kann mich während einiger steiler Abschnitte voll auf das Terrain konzentrieren und muss mein Augenmerk nicht den Schuhen widmen. Allerdings muss ich doch einen kurzen Boxenstopp an einem Jägersitz einlegen und mein Schuhwerk von trockenen Laubblättern, Nadeln und kleinerem Gehölz befreien.
Flucht vorm Gewitter
Als die Wander-App uns auf einen mit kleinen Tannen und hohem Gras bewachsenen Weg lotst, der offensichtlich wenig begangen wird, sind die Evofit erneut in ihrem Element. Die Hoffnung, mit ihnen durch einen Bergbach waten zu können, erfüllt sich leider nicht. Es ist staubtrocken und von Wasser keine Spur. Dafür zieht sich der Himmel bedrohlich zusammen und just als wir den höchsten Punkt unserer Tour erreichen, zerreisst ein Donnerschlag die Stille.
Vor uns liegen fünf Kilometer Abstieg – und das auf schmalen, wurzlig-felsigen Pfaden. Wir erhöhen unser Tempo, immer wieder werfen wir einen Blick über die Schulter. Das Gewitter scheint sich am Hochblauen auszulassen und vorerst nicht in unsere Richtung zu ziehen.
Tänzelnd auf dem Bettlerpfad
Ich tänzle mit kleinen schnellen Schritten den Pfad (gelbe und blaue Raute) hinab. Soweit so gut. Grip ist ordentlich, allerdings muss ich aufpassen, wohin ich trete. Denn sobald es steil, sandig und schottrig wird, heißt es höllisch aufpassen! Ein paar Mal bin ich ziemlich fies ausgerutscht, auch, als wir bereits auf dem breiten Waldweg kurz vor unserem Ziel, Badenweiler, spazierten. Aber das hätte genauso mit anderen Schuhen passieren können.
Fazit
Der Evofit One ist ein genialer Hybrid-Schuh. Obwohl ich ihn bedauerlicherweise nicht im Wasser testen konnte, kann ich ihn als Allrounder für Alltag, Reise und kleine Abenteuer zu Land und zu Wasser empfehlen. Zum Wandern eignet er sich mit leichtem Tagesrucksack – bei einer Trekking-Tour mit schwerem Gepäck würde ich auf festes Schuhwerk umsteigen.
Auch beim Joggen auf kleineren Strecken über Wald- und Forstwege fühlte ich mich mit dem Evofit One sehr bequem und sicher unterwegs.
Dafür fühlt er sich wohl bei allem was mit Wasser zu tun hat: Stand Up Paddling, Kanu-Touren, Canyoing und natürlich auch bei Regen (auf den wir hier im Schwarzwald sehnlich warten).
Wie ich das schreiben kann, ohne es ausprobiert zu haben? Ich besitze einen Keen Owahee. Der ist zwar schon ganz schön in die Jahre gekommen, aber funktioniert noch immer. Diese Hybrid-Sandale reiste mit mir in die kanadische Arktis, ich trug sie bei zig-Paddeltouren auf Flüssen und Meeren, sie überlebten eine Attacke beißwütiger Hunde in Thailand – und Keen war so nett und schickte mir Ersatzschnallen zum Austauschen. Keen-Sandalen sind wirklich super Hybrid-Schlappen für (fast) alle Lebenslagen. Zurück zum Testmodell.
Dank der Kappe sind die empfindlichen Zehen immer gut geschützt und das Fußbett verleiht sicheren Stand. Wie bereits erwähnt besitzt der Evofit mehr Synthetikgewebe und wirkt daher „geschlossener“ als andere Keen-Modelle, was auch dazu führen kann, dass man im Evofit mehr schwitzt als in anderen Keen-Modellen, aber das hängt natürlich individull vom Träger ab.
Ich hoffe, dass ich ihn demnächst bei Touren in und ums Wasser testen kann und werde meinen Bericht um die Erfahrungen entsprechend ergänzen.
2017 hat der Keen Evofit One den Outdoor Industrie Award in der Sparte Schuhe gewonnen. Urteil der Jury: „Wir haben den Evofit One ausgewählt aufgrund seines besonderen Fußbett-Designs. Darüber hinaus sind das innovative Synthetik-Obermaterial, die PU-Dämpfung und die Gummilaufsohle sehr komfortabel auf ganz verschiedenen Untergründen.“
Vorteile
- Multifunktionsschuh für Land und Wasseraktivitäten
- guter Grip auf festem Untergrund
- sehr gute Passform, Schuh und Fuß bilden eine Einheit
- geräuscharme Sohle (kein Quitschen, keine „Flip-Flop“-Laute)
- angenehmes Fußbett
- Zehenkappe bietet Schutz
- herausnehmbare Zwischensohle
- Solide und wertige Verarbeitung (built in USA)
Nachteile
- Zwischen dem herausnehmbaren Fußbett und Sohle sammelt sich schnell Dreck, Laub und Nadeln sowie kleine Partikel
- durch das fest umschließende Synthetikmaterial neigt (mein) der Fuß mehr zum Schwitzen
- Sohle bietet unzureichenden Grip auf steilen, loosen, sandigen und schottrigen Wegen
Tipps zur Pflege von Sandalen
Keen hat auf seinem Blog einige Tipps (auf Englisch) zur Pflege von Sandalen veröffentlicht. Viele Keen Modelle lassen sich in der Waschmaschine waschen, wobei ich ich die Wäsche von Hand vorziehe. Wer seine aus Synthetikmaterial gefertigten Sandalen in der Waschmaschine wäscht, sollte einige Handtücher mit in die Trommel geben, mildes Waschmittel verwenden und sparsam dosieren. Wichtig ist, die Schuhe kalt zu waschen und mit niedriger Umdrehungszahl.
Für die Handwäsche verwende ich Seife. Keen empfielt bei Handwäsche die Verwendung von NikWax Base Wash, was Gerüche eliminieren soll.
Und ein Tipp, den ich noch nicht kannte: Keen empfielt, die Sohle mit Teebaumöl einzureiben. Also habe ich mir im Drogeriemarkt ein Fläschchen Teebaumöl besorgt und das herausnehmbare Fußbett des Evofit nach der Handwäsche und nachdem der Schuh wieder trocken war, damit eingerieben. Ergebnis: Ein frisch-herber Duft und das Teebaumöl soll auch antibakterielle Eigenschaften haben. So steht dem nächsten Abenteuer nichts im Wege.
Preis und Herstelleradresse
Den Keen Evofit One gibt es für 129,95 Euro im Keen Online-Store, sowie beim Outdoor-Fachhandel. Ich empfehle, den Schuh eine halbe Nummer größer zu bestellen.
Weitere Informationen über den Keen Evofit One gibt es auf der Homepage von Keen Footwear.