Ein Stubenhocker schreibt über das Spazierengehen

Spazierengehen, schreibt Titus Müller, „ist die Entdeckung dieser Welt“. Und das stammt ausgerechnet aus der Feder eines bekennenden Stubenhockers. Welche Erkenntnisse der Autor dabei hatte und was ich beim Lesen des Buches „Einfach mal spazieren gehen“ entdeckte, erfahrt ihr in diesem Beitrag.

Warnung!

Lest das Buch auf keinen Fall auf der Couch, als nächtliche Bettlektüre, zum Zeittotschlagen während langer Zugreisen oder in überfüllten Wartezimmern. Das Lesevergnügen wäre um ein vielfaches ärmer. Geht raus, setzt euch auf Parkbänke, legt euch ins Gras, lasst euch auf sonnengewärmten Felsen und blühenden Bäumen nieder, breitet Picknickdecken im Grünen aus, im Park, im Biergarten oder am Ufer eines Sees. Dieses Buch ist ein Seelenschmeichler und viel zu schade, um es unter dem blaustichigen Licht der LED-Tischlampe als Einschlafhilfe zu lesen. Am besten liest es sich draußen in freier Natur!

Aber was will ein bekennender Stubenhocker (steht auf Seite 6) mir, einem Wanderprofi, übers Gehen vermitteln? Draußen unterwegs sein ist meine Passion und als Reisereporterin und Fotografin mit Schwerpunkt Wandern und Outdoor bin ich in einem Jahr öfter auf meinen Füßen unterwegs als Titus Müller in seinem bisherigen Stubenhockerdasein. Was also soll ich als Outdoor-Experte von einem lernen, der von sich sagt, dass er kein Naturbursche sei?

Lesen ist, durch’s Schlüsselloch gucken

Bücher lese ich in erster Linie deshalb, weil ich ein unglaublich neugieriger Mensch bin. Ich liebe es, den Gedanken anderer zu folgen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und in andere Sphären einzutauchen. Vor der Titus Müller Lektüre las ich „Free Solo in Yosemite“ über den Extremkletterer Alex Honnold, der als erster den fast 1000 Meter hohen El Capitan, eine senkrechte Granitwand im Yosemite Nationalpark alleine und ohne Seilsicherung bestiegen hat. Eine faszinierender Lesestoff, die mir die extreme Welt der Freeclimber nähergebracht hat.

Bücher sind der Schlüssel zur Welt. Natürlich erkunde ich die Welt am liebsten selber, doch Bücher inspiriren mich, einen anderen Blick auf die Welt zu werfen. „Einfach mal spazieren gehen“ ist so ein Türöffner zur Welt, ein Schlüsselloch, durch das mich Titus in seine Welt blicken lässt und ich staunen darf, was ich hinter seiner Tür so alles erblicke. Bereits auf Seite 10 ereilt mich so eine erhellende Erkenntnis. Nämlich als Titus Müller Licht beschreibt. Es sind nur wenige Zeilen, in denen er einfühlsame, zärtliche Worte findet, und die mich als Fotografin, die ja täglich mit Licht arbeitet, tief berühren.

Eigentlich ist es ein Buch, das sich weniger ums Spazierengehen, denn ums Beobachten dreht. Denn nur der, der zu Fuß unterwegs ist, der schlendert, wandelt, flaniert, spaziert, hat die Möglichkeit, innezuhalten, zu betrachten, zu staunen, zu beobachten.

Wer geht, der lebt

Es sind Worte in kurzen Kapiteln, die dem Leser wortwörtlich zufliegen. Wie Schmetterlinge über einer blühenden Wiese, tanzen sie vor den Augen des Lesers. Selten habe ich mich so leicht, so beschwingt gefühlt. Titus Müller‘s Worte sind Seelenschmeichler. Ihm gelingt die Kunst, selbst aus banalen Vorkommnissen eine wunderbare Geschichte zu erzählen. Zwischendurch fließen Erkenntnisse aus der Wissenschaft ein, erinnert er an berühmte Schriftsteller und deren Spaziergewohnheiten.

Die 138 Seiten zeigten mir auf, wie wunderbar es ist, Zeit mit Büchern zu verbringen, als ständig durch die Social Media Kanäle nach den neusten Ereignissen zu scrollen. Und was noch schöner ist: Es macht Lust darauf, im Alltag einfach mal rauszugehen, um einen Spaziergang zu machen. Dank Titus Müller bin ich bei meinem nächsten Spaziergang hoffentlich eine bessere Beobachterin geworden.

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