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Doping mit Stützstrümpfen?

Sie sehen aus wie Venen- oder Stützstrümpfe. Solche, die ich vor Jahren nach einer Operation im Krankenhaus tragen musste. Aufgefallen sind sie mir das erste Mal im Laufbuch von Andreas Butz, das ich für das Literatur-Café rezensiert habe. Ästhetisch sind sie nicht der Brüller, besonders dann nicht, wenn der Läufer kurze Hosen trägt. Weiße, bis hoch an die Waden reichende, eng anliegende Strümpfe, die angeblich die arterielle Durchblutung und Sauerstoffverstärkung der Muskulatur steigern sollen. Mehr Sauerstoff bedeutet Leistungssteigerung. Doping mit Stützstrümpfen also. Rein legal, versteht sich. 

Neulich tauchten zwei Freundinnen im Lauftreff mit diesen Strümpfen auf. Hellauf begeistert priesen sie die Kompressionsstrümpfe in höchsten Tönen. Keine schweren Beine mehr, keine Schmerzen, tolles Wohlfühlfeeling nach langen Läufen. Das wollte ich dann wissen und besorgte mir ein paar der Strümpfe in weiß.

Erster Testlauf: Noch nie haben mich so viele Leute beachtet, als ich auf meiner Laufstrecke durchs Dorf lief. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Ich kam mir ziemlich bescheuert vor und war froh, als ich endlich im Grünen war.

Der zweite Testlauf fand in Hamburg statt. Es war mein erster Marathon. Ankommen war mein Ziel, und das möglichst unter 5 Stunden.

Siehe da, es gab noch andere Kompressionsläufer. Sogar Prominente. Unter anderem Tagesthemen-Moderator Tom Buhrow. Ich fühlte mich unter Gleichgesinnten. Den Tom habe ich irgendwann sogar überholt. Aber das lag ja an seiner Grippe, dass er über 5 Stunden gebraucht hat, wie er später den Medien erzählte. Ich bin mit 4 Stunden 50 Minuten ins Ziel gekommen. Mission erreicht. Ob’s an den Strümpfen lag? Jedenfalls hatte ich keinerlei Schmerzen. Und das war es mir wert, ein bisschen so auszusehen, als würde ich mit Omas Stützstrümpfen durch Hamburg laufen.

Infos: cep-Laufsocken: www.cep-sports.com

 

 

 

Conergy Marathon Hamburg 2008

Ja, ich habe es geschafft und bin eine der 15 801 Läufer, die es nach 42,195 Kilometern in Hamburg ins Ziel geschafft haben! So wie alle 22 Läufer unserer feg-sports Laufgruppe. Was für ein Tag! Was für ein Wetter, was für eine Stimmung. Hier ein kurzer Überblick:

Gegen halb neun treffen wir beim Start ein und verteilen uns auf unsere Startblöcke. Neben mir steht Erika aus Siegen. Sie hat Geburtstag und erzählt mir, dass sie vor genau 18 Jahren ihren ersten Marathon gelaufen ist. Heute feiert sie ihren 61. Geburtstag und beschenkt sich selbst mit dem Marathonlauf. Wow. Punkt 9 Uhr bimmelt Hamburgs erster Bürgermeister Ole von Beust mit der Schiffsglocke – unser Startsignal. Noch werden rund zehn bis zwölf Minuten vergehen, bis wir die Startlinie überqueren und das Rennen für uns offiziell begonnen hat. Zu sechst gehen wir gemeinsam den Marathon an, mit der Strategie, die sich unser Laufcoach Uwe für uns zurechtgelegt hat: Alle paar Kilometer legen wir bei den Getränkestationen eine kurze Gehpause ein. Unser Ziel: Wir wollen ankommen – und das unter 5 Stunden. Als wir Kilometer Eins passieren, kommen mir die 42 Kilometer wie die Milchstraße vor. Unendlich weit weg und unerreichbar. Kilometer 2. Die schwersten Kilometer habe ich jetzt hinter mir, sage ich mir. Und wirklich, es geht locker, Kilometer um Kilometer. Ich fühle mich gut, wir laufen gemeinsam – gemäß unserem Motto „Laufend Freunde finden“ und haben Spaß. Bei Kilometer Fünf kommt Hektik auf, alle wechseln zur rechten Seite, denn dort befindet sich die erste Getränkestation. Es ist heiß in Hamburg, 21 Grad und Trinken ist wichtig. Bei Kilometer Zehn kommen wir zu den Landungsbrücken. Links am Straßenrand steht ein Ordner mit gelber Conergy-Weste. Plötzlich brüllt er leidenschaftlich: „Birgit, du schaffst das, ich glaub an dich!“ Ich bin plötzlich Popeye, der Spinat geschluckt hat – dieser Zuruf puscht mich unheimlich auf! Dann, bei Kilometer Zwölf – unsere Fangruppe! Wie toll, unsere Freunde inmitten der Menschenmassen zu sehen. Weiter gehts. Dann bei Kilometer 15 bekomme ich ein ungutes Gefühl links in der Seite. Als würde jeden Augenblick Seitenstechen anfangen. Damit hatte ich noch nie Probleme. Ich konzentriere mich aufs Atmen, versuche nicht daran zu denken. Bei Kilometer 15 schließt sich uns Olaf an. Er kam mit seinen Freunden, die ihm alle davongelaufen sind. Jetzt sind wir die glorreichen Sieben. Kilometer 22. Schon von weitem erkennen wir unser blaues Shirt, das an einer Fahnenstange baumelt. Da, wieder unsere Fans! Wow, das gibt Kraft! Ab Kilometer 30 hört das Gefühl in der Seite auf. Dafür werden die Beine schwerer. Olaf ist plötzlich verschwunden. Noch 12 Kilometer. Wo bleibt der Mann mit dem Hammer? Er muss mich verpasst haben, denn ich bin bereits bei Kilometer 32. Ich werde langsamer. Die anderen aus meiner Gruppe sind vor mir. Ich trinke an jeder Wasserstelle, lasse kaltes Wasser über Arme, Gesicht und Nacken laufen. Bei KM 25 aß ich ein Stückchen Banane. Ich fühle mich noch immer gut. Und bin entschlossen, diesen Lauf zu vollenden. Jetzt aber erst einmal bis Kilometer 36 kommen. Denn dort steht wieder unsere Fangruppe und mein selbstgemischtes Elektrolytgetränk nach der Rezeptur von Herbert Steffny. Und wieder sehen wir von weitem unser Shirt in den blauen Himmel ragen! Axel motiviert mich, nochmal alles zu geben, Susanne massiert mir die Beine. Weiter geht es. Kilometer 38. Ich höre Aha – „Take on me“ und fühle mich wie auf einer Welle. Bei Kilometer 39 kommt Tina: „Your simply the best“. Dann wird mein Glaube, dass ich den Marathon schaffen kann, zur Gewissheit. Kilometer 40. Nochmal alles geben. Zwei Kilometer. Die Menschenmassen werden immer dichter. Kilometer 41. Jetzt steigt ein Glücksgefühl in mir auf. Da, von weitem erkenne ich bereits das Ziel! Wahnsinn. Ich bin angekommen – wir sind angekommen. Mit jedem Schritt rückt das Ziel näher, werden die Emotionen größer. Wir sechs feg-runners fassen uns an den Händen uns laufen nach vier Stunden und fünfzig Minuten gemeinsam über die Ziellinie. Wir haben es geschafft, wir sind Finisher! Und sehen dabei auch noch gut aus! Anders als viele andere, die nach Überqueren der Ziellinie auf der Trage in die Ambulanz geschoben werden. Ich bin überrascht, wie gut ich mich nach dem Lauf fühle. Natürlich schmerzen die Beine, aber bereits am Montag war der Schmerz vergessen und heute fühle ich mich topfit als wäre ich im Urlaub gewesen. Alles in allem war mein erster Marathonlauf ein positives Erlebnis, das Lust auf mehr macht! Vielen Dank an Uwe, der an mich, an uns geglaubt hat und den Lauf mit uns vollendet hat! Danke an die Fans, die uns so toll motiviert haben. Ohne euch hätte ich das nicht geschafft! 

Hier  und hier ist unser Zieleinlauf als Video zu sehen. 

Die Entscheidung

Da liegt sie neben mir. Die Anmeldung zum Conergy Marathon Hamburg. Datum: 27. April 2008. Ein schönes Datum. Vielleicht weil es mich an meinen Geburtstag einen Monat später erinnert. Und weil ich im April geheiratet habe. Noch habe ich die Anmeldung nicht ausgefüllt. Es ist ja nicht irgendeine Anmeldung. So wie man sich zu einem Vortrag oder Seminar anmeldet. Nein, es ist eine Anmeldung zu einer Entscheidung, die mich sehr viel kostet. Ich entscheide mich, am 27.04.2008 42 Kilometer durch Hamburg zu laufen. Das heißt, ich muss trainieren. Konstant. Und das den Winter hindurch. Mindestens drei mal in der Woche. Egal ob es schneit oder regnet oder stürmt. Ob ich Bock habe oder eben nicht. Mein erster Marathon – zusammen mit 32 anderen aus der FeG-Sports Laufgruppe fahren wir nach Hamburg. Einige davon haben schon etliche Marathonläufe hinter sich. Für einige wird es der erste sein. Zeit spielt keine Rolle. Nur Durchhalten und Ankommen ist wichtig. Und dass wir es als Laufgruppe gemeinsam erleben. Und diesmal bin ich mit dabei.