Indien – wundersam verrückt und abgefahren Teil 1

Himalaya Highway nach Utarrkashi
Himalaya Highway nach Uttarkashi

Es war an der Zeit für einen Roadtrip. Der etwas abenteuerlicher wurde, als ich mir das vorgestellt habe. Kennt ihr die Serie Ice Road Truckers – The Deadliest Roads? Nun, die Busfahrt war in etwa so, als schaue ich mir eine Folge der IRT – Deadliest Roads an. Um dann festzustellen, dass ich selber mittendrin bin, in meiner eigenen Episode. Inständig hoffte ich, dass unser Busfahrer, der im übrigen aussah wie Dschingis Khan, zu Hause Frau und Kinder hat, die er innbrüstig liebt und zu denen er lebend zurück möchte. Aber dazu später. 

Eine schreckliche Flutkatastrophe verwandelt den Himalaya in eine Hölle aus Wasser und Geröll 

Vergangenen Monat war ich in Indien. Ein Land, das sich bislang nicht auf meiner Prioritätenliste befand. Aber es kommt ja im Leben meistens alles anders. Warum also nicht Indien? Die Reise klang verlockend: Sie führt uns in den Himalaya zu den Quellen des Ganges. Organisiert von einem guten Freund, der bereits öfters in der Gegend war. Dann kam im Juni der Monsun und mit dem Regen die schreckliche Flut, die Tausenden das Leben kostete. Ganze Dörfer wurden weggeschwemmt, hunderte Brücken und Straßen zerstört. Die Straße nach Gangotri, unserem Reiseziel,  war ebenfalls in weiten Teilen zerstört. Einen Monat später meldet unser indischer Tour-Organisator, dass er unsere Reise in ein anderes Tal, das von der Zerstörung nicht betroffen ist, umorganisiere. Statt zu den Quellen des Ganges ist nun eine Trekking Tour ins Dodital vorgesehen. Ein tief im Himalaya gelegenes Tal mit einem zauberhaften Bergsee auf 3.000 Metern Höhe.

Am Freitag, 13. September 2013 startet unser Flug nach New-Delhi. Dort erwartet uns Binay Kumar von Bonjour India Tours, unser Reiseführer und Trekkingguide. Mit weißem Hemd und Krawatte und Schild mit unseren Namen. Zur Begrüßung erhalten wir einen Blumenkranz aus orangefarbenen Nelken. Wir warten auf den Rest unserer Gruppe, die mit einem Flug von Frankfurt anreist. Dann fahren wir per Bus in die Stadt zum Hotel.  Wir beziehen die „Zimmer“, im Hotel Today International, Zellen, ohne Fenster – und spülen den ersten Schock mit Kaffee herunter, dann geht es postwendend zum Sightseeing in Delhi. Stunden später, wir sind wir platt und müde und haben genug von der Städtetour. Ein wenig Erholung wäre nicht schlecht, schließlich müssen wir am nächsten Morgen kurz nach 5 Uhr zum Bahnhof. Kurzerhand erklären wir am späten Nachmittag das Sightseeing für beendet. Wäre es nach Mr. Kumar gegangen, wären wir wohl bis Mitternacht in der Stadt getourt. Leider hat Mr. Kumar vergessen, dass wir in der Rush Hour etwas länger zum Hotel benötigen.  Zwei Stunden quälen wir uns durch den Verkehrsbrei Delhis. Für mich war das eindeutig die spannendere Version des Sightseeings.

Wundersam verrückt und abgefahren 

Eine der wenigen Ampeln in Delhi
Eine der wenigen Ampeln in Delhi

 

Diese Gewusel aus Bussen, Tuk-Tuks, Radfahrern, Autos, Ochsenkarren, Mopeds, das sich wie ein zäher Schleim durch die Straßen bewegt, einer Logik folgend, die keine ist, aber auf wundersame Weise funktioniert. Ein ewiger Fluss aus Menschen, Tieren und Blech, der in ein einziges verrücktes Chaos mündet, ohne chaotische Zustände anzunehmen. Wundersam verrückt und abgefahren.

Chaos ohne chaotische Zustände
Chaos ohne chaotische Zustände

Wie sich alle die Menschen wohl zurechtfinden? Woher kommen sie und wohin wollen sie? Ich drückte meine Nase platt am Busfenster, so spannend ist es, dem abendlichen Verkehr und den Menschen in Delhi zuzusehen.

Blick von unserem Hotel
Blick von unserem Hotel

Ich habe keine Ahnung, wie der Verkehr in Delhi funktioniert. Aber er funktioniert – besser als bei uns in Deutschland. In Delhi scheint jeder jeden zu respektieren. Egal ob er einen Ochsenkarren steuert, ein Moped fährt oder Fußgänger ist. Es wird gehupt, unerlässlich, laut, in allen Tonlagen, aber es wird Rücksicht genommen. Jeder respektiert jeden. Und dann, wie von unsichtbarer Hand gesteuert, halten alle an, lassen die Fußgänger über die Straße. Und prompt geht es weiter. Einige Minuten später halten erneut alle, lassen die Fußgänger über die Straße. Und all das ohne Ampeln oder Fußgängerüberwege. Einfach wundersam und faszinierend.

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