#Vanlife – Warum Camping auf einmal sexy ist

Egal, welche Zeitschrift ich aufschlage, durch Instagram oder Facebook scrolle, ich sehe immer dasselbe Bild:

Gutgelaunte, gutaussehende Menschen, die sich vor, in und um ihren Van in Szene setzen, und ihr Campmobil vor leinwandfüllenden Panoramen ablichten. Die ganze Welt, so scheint mir, ist neuerdings mit Wohnmobilen unterwegs. Ich komme mir vor, als wäre ich die einzige, die zu Hause auf ihrem immobilen Balkon hockt. Warum nur ist dieses #vanlife so attraktiv?

Inzwischen kennen die Fans der Vanlife-Community jeden Winkel von „Rudi“, „Boscha“, “Sunshine“, „Bertha“ und wie sie alle heißen (jedes Campmobil besitzt einen Kosenamen). Die Bilder gleichen sich, die Instagram-Posts kommen daher wie eine Werbekampagne in einem Hochglanzmagazin. Die Männer gestylt in Holzfäller-Hemden, gepflegten Bärten, Blundstone-Boots, die Frauen mit zumeist blonden Haaren, die unter einem Hut bis weit über die Schultern fallen. Die Fahrzeuge parken an den atemberaubensten Orten, am Meer, in den Bergen, an Seen und in Wäldern. Abends flackert ein Lagerfeuer, Lichterketten sorgen für heimeliges Ambiente und stets ist das italienische Espresso-Kännchen mit im Bild. Oft ist ein Hund an Bord, der die Vanlife-Familie komplettiert. Viele geben sich sportlich und bringen Surfbretter, Kletterausrüstung und Mountainbikes mit, jederzeit bereit, sich überall ins Abenteuer zu stürzen.

Der Traum vieler Reisender: Auf vier Rädern die ultimative Freiheit genießen wie hier im Yukon

Mit jedem Morgen einen neuen Horizont

Vanlife, das lockt, jeden Morgen zu einem neuen Horizont aufzuwachen. So schön, so lässig, so unabhängig. Was für ein Leben. Das sieht so verdammt sexy aus, dass man es selber führen will. So verwundert es nicht, dass es immer mehr dieser Vanlifer gibt, immer mehr rollende „Rudis“ und „Berthas“, die sich in die einsame Wildnis aufmachen. Und man fragt sich, wo sie denn alle parken, um ihren Lebensstil zu zelebrieren. Muss doch inzwischen ziemlich eng zugehen, da draußen an den Hotspots der #vanlifer.

Zweisamkeit in der Einsamkeit während der Mitternachtssonne im Yukon

Vanlife ist Zigarettenwerbung 2.0

Vanlife ist die neue Version der Zigarettenwerbung, damals als Rauchen noch gesellschaftsfähig war. Ihr erinnert euch – der Marlboro-Mann. Lagerfeuer, Pferde, Lasso. Er roch nach Freiheit, Abenteuer, Unabhängigkeit. Und so wenig wir beim Marlboro-Mann an Lungenkrebs dachten, denken wir beim Vanlife an Rost und auslaufendes Öl. Dass die alten VW Bullis die reinsten CO2 Schleudern sind, darüber wird großzügig hinweggesehen. Vanlife ist geil und dieses geile Gefühl will jeder erleben, solange die Welt nicht aus den Fugen gerät. Waren es früher die Hippies, die nach Goa zuckelten, sind es heute die hippen urbanen Digital-Nomaden, die in gestylten Bussen übers Land kutschieren, immer auf der Suche nach dem nächsten Spot, der noch nicht auf #vanlife gepostet wurde.

Seit wann ist im Auto schlafen sexy?

Wenn schon in der Natur nächtigen, dann unter freiem Himmel im Bivaksack, evtl. ein Tarp und wenn’s ganz übel wird, im Zelt. Das verstehe ich unter Freiheit. Im Auto schlafen war noch nie mein Ding.

Meine Vanlife-Abenteuer beschränken sich auf zwei Roadtrips, einmal im Wohnmobil auf dem Dempster Highway und einmal im Truck-Camper auf dem Alaska Highway in Kanada, dem Sehnsuchtsland aller Wohnmobilisten.

Wo Vanlife auf Abenteuer trifft: Der Dempster Highway führt durch die atemberaubende Landschaft des Yukon und der Northwest Territories in Kanada

Sobald ich in der Schlafkoje des Wohnmobils lag, fühlte ich einen Sargdeckel über mir zuklappen. Die Mitternachtssonne sorgte dafür, dass auch in tiefster Nacht das Licht durch alle Ritzen flutete.

Wo die Sonne nie untergeht – am Polarkreis ist eine Schlafmaske Pflicht

Außerdem lernte ich, dass es im arktischen Inuvik in den Northwest Territories im Sommer heißer ist als an der spanischen Cote d’azur. In der Kabine herrschten saunaartige Temperaturen, ich war dem Erstickungstod näher als einem geruhsamen Tiefschlaf.

Vanlife analog

Mein Nachbar ist auch ein Vanlifer. Dessen ist er sich vermutlich gar nicht bewusst. Er besitzt kein Smartphone und keinen #Hashtag. Aber einen VW Bus, der er selbst umgebaut und für die Bedürfnisse seiner Frau und seines Hundes optimiert hat. Er genießt den Vanlife-Lifestyle analog und in Ruhe. Wenn er gemeinsam mit seiner Frau einen Trip in den hohen Norden plant, dann  ohne Internet oder Routenplaner. Die beiden breiten auf dem Küchentisch Landkarten aus und fahren die Route mit dem Finger ab. Sie brechen irgendwann frühmorgens auf und kehren nach einigen Wochen ebenso wenig spektakulär wieder nach Hause zurück. Mit Erlebnissen auf einsamen Plätzen, die nur ihnen gehören.

Das Handbuch für Vanlife

Das Handbuch Vanlife – zum Träumen schön

Wer sich mit dem Gedanken trägt, ins Vanlife einzusteigen, sieht sich mit vielen Fragen konfrontiert. Hier kommt das lonely planet Buch „Vanlife – Leben und Reisen im Camper“ ins Spiel. „Dieses Buch ist ein Handbuch. Es soll dir beim Kauf und beim Ausbau deines Campingvans helfen. Und es soll dir Anregungen liefern, wie du ihn nutzen kannst.“ So schreiben es die Autoren Ed Bartlett und Becky Ohlsen in ihrem Vorwort. Wie ein Handbuch sieht es allerdings nicht aus, mehr wie ein Coffee-Table-Book, quadratisch, praktisch, schön. Voller schöner Menschen mit ihren nahezu perfekt umgebauten Campingmobilen. 

Schöne Menschen, schöner Strand, schöner Van – #vanlife in seiner Perfektion

Es macht Freude, das Buch zur Hand zu nehmen, darin blättern und sich inspirieren lassen. Zur Einführung werden wichtige Fragen rund ums Vanlife geklärt: Strom, Hygiene, Kochen, Schlafen, es gibt eine Checkliste, um herauszufinden, welches Fahrzeug am besten für welchen Zweck geeignet ist. Wer nur in Europa kurven will, braucht kein Expeditionsfahrzeug, das durch den Amazonas rollt. Der Hauptteil des Buches besteht aus Portraits der Vanlifer. Mirte van Dijk stellt ihren „Mister H2, einen Citroen HY vor. Auf sechs Seiten wird in Wort und Bild ihr mobiles Zuhause beschrieben, es folgt ein zweiseitiges „Fragen an Mirte“, in der sie aus dem Nähkästchen ihres Vanlife-Lebens plaudert.

Das Buch hilft dabei, das richtige Auto für seinen Vanlife-Lifestyle zu finden

Vom Unimog, RAM, Airstream, Ford bis zu Chevy, alten Schulbussen, modernen Mercedes Sprintern bis hin zu Klassikern wie Toyota Land Cruiser, VW T4 erfahren wir, wie die Besitzer ihre Wagen zum mobilen Heim umgebaut haben. Und weil Vanlife nur so schön ist, wie die Straßen, auf denen man fährt, gibt es zum Abschluss die „ 20 besten Routen weltweit“ in Kanada, Deutschland, Neuseeland, Irland, Argentinien, Australien, USA, Schottland als Special gleich dazu.

Ein Buch, das mich, ich gebe es zu, auf dem Balkon in der Hängematte liegend, vom #vanlife träumen lässt.

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