Unterwegs zu versunkenen Burgen in Blansingen


Geschichten über versunkene Burgen, Raubritter, Galgen und Gerichtsstühle – die Presseankündigung in der Zeitung klang mehr als spannend. Blansingen liegt zwar im Markgräflerland, doch hat man von der Römerstraße aus wunderbare Aussichten auf den Hochblauen. Ich berichte heute über die geführte Wanderung mit Museumsleiterin Maren Siegmann, bei der sogar alteingesessene Blansinger Bürger staunten, als sie von den versunkenen Burgen erfuhren, die sich einst hier befunden haben.

Vom Römischen Hof führte Museumsleiterin Maren Siegmann ihre Mitwanderer zum Rebberg im Gewann Weingarten. Dort befanden sich Eisenerzgruben, deren Eingänge noch auf alten Karten von 1722 verzeichnet sind, heute allerdings nicht mehr existieren. Der Eisenerzabbau galt bereits 1820 als erschöpft, die Stollen wurden abgetragen und gesprengt. Viel interessanter war die Geschichte, dass sich auf dem Gewann Vollenberg eine Burg Namens Vollenburg befunden haben soll. Die Burg wurde 1552 vom Abt von Sankt Blasien an den Bischof von Basel verkauft. Der Kaufpreis: Drei Pfund Wachs. Auf der Webseite leoBW (Landeskunde entdecken) findet sich sogar ein Eintrag. Dort wird die Vollenburg als Wüstung angegeben: 1301 mons Vollenberg bei Kleinkems genannt, soll auf der Stelle des späteren Verwaltungsgebäudes der Zementfabrik gestanden haben. Auf der Webseite alleburgen.de wird die Vollenburg als verschwundene Burg angegeben. 1881 soll sie noch als Ruine sichtbar gewesen sein, um 1955/56 soll eine Ausgrabung stattgefunden haben und 1956 soll sie durch einen Steinbruch zerstört worden sein.

An dieser Stelle auf dem Vollenberg soll sich die Vollenburg befunden haben

In einem Bericht in der Badischen Heimat Heft Nr. 35 von 1955 schreibt Hermann Schäfer, dass sich am Isteiner Klotz vier Burgen befunden haben. Zwei wurden im November 1409 von den Basler Herren eingenommen. Und: „Zwei weitere Burgen am Westhang der Felsen, die Vollenburg und die Neuenburg in der Nähe des Wallistälchens, sind früh zerstört worden. Die Trümmer der Vollenburg verschwanden bei der Anlage des Zementwerkes Kleinkems; Ausgrabungen im Sommer 1955 brachten neue Ergebnisse im Bereich des kleinen Turmrestes der Neuenburg.“

Auf der Vollenburg trieben Raubritter ihr Unwesen

Auch – so erzählte Maren Siegmann – sollen auf der Vollenburg Raubritter ihr Unwesen getrieben haben. Und es liegen Augenzeugenberichte vor, dass sogar Geheimgänge von der ehemaligen Felsenmühle zur Vollenburg existierten. Gespannt hören wir den Erzählungen von Maren Siegmann zu. Doch was dann folgt, erstaunt uns alle: Denn die Vollenburg hat es nie gegeben! Warum wird sie dann in so vielen Berichten erwähnt? Maren Siegmann berichtet, dass beim Aufsetzen des Pachtvertrages schlichtweg ein Fehler gemacht wurde. So lautete der ursprüngliche Text der Urkunde, dass die Pacht drei Pfund Wachs beträgt und dass auf dem Gewann Vollenberg keine Burg gebaut werden dürfe. Dafür hat Maren Siegmann eine Erklärung parat: Entweder hat der Schreiberling das falsch aufgesetzt oder andere, die die Urkunde später weitergegeben haben, haben sie falsch gelesen. „Das ist spannend wie ein Krimi, wenn man sich die Urkunden ansieht und schaut, was denn da tatsächlich geschrieben steht,“ sagt die Museumsleiterin. Denn die handschriftlich angefertigten Urkunden sehen oft sehr schön aus, doch sehr häufig sind sie kaum zu entziffern. So ist mit einmal eine Burg entstanden, die es nie gegeben hat und von der noch heute im Internet zu lesen ist.

Ein Mädchen entdeckt einen geheimnisvollen Steintisch

In luftiger Lage hoch über dem Rhein befand sich einst die Felsenmühle

Urkundlich belegt indessen ist die Neuenburg, die heute ebenfalls nicht mehr existiert. Zumindest konnte Maren Siegmann ihren aufmerksamen Mitwanderern den genauen Standort der Burg zeigen und sogar einige historische Aufnahmen herumreichen. Tatsächlich existierten noch in den 1950er Jahren Reste des Turms der Neuenburg, die beim Bau des Steinbruchs 1956 bei Sprengungen entgültig verloren gingen. In der Grube unter dem Turm wurde Keramik aus dem Frühmittelalter ausgegraben, es wird vermutet, dass die Burg sogar einen Vorläufer hatte, der aus dem 9. oder 10. Jahrhundert stammte.
Historische Aufnahmen der Neuenburg, deren Ruine in den 50er Jahren dem Steinbruch weichen musste

Nur noch auf alten Bildern ist die ehemalige Felsenmühle zu sehen, die direkt in die Felswand gebaut wurde. 1843 wurde das Gebäude abgerissen. Ganz in der Nähe soll sich eine Höhle befunden haben, in der sich Räuberbanden und anderes unerwünschtes Gesindel aufgehalten haben soll.
Die Felsenmühle war ein richtiges Schmuckstück

Auch hierzu hatte Maren Siegmann einen spannenden Bericht parat, auf den sie bei ihren Recherchen gestoßen ist: Eine 80-Jährige Dorfbewohnerin erzählte, dass sie als kleines Mädchen, es muss so um 1880 gewesen sein, in den Ruinen einer Burg gespielt hat. Dort fand sie einen Riesentisch mit fünf Stühlen aus Stein. „Ich glaube das sofort“, sagte Maren Siegmann. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat sie entweder Reste von ehemaligen Bergwerkstollen gesehen oder es handelte sich bei den Stühlen aus Stein um Überreste der Felsenmühle. Der steinerne Tisch könnte ein Hinweis auf eines der beiden Mühlräder sein.

Zur Hölle mit dem Niemandsfreund

Die Wanderung ging weiter zu einem alten Hohlweg, der früher von der Römerstraße zur Felsenmühle führte bis zum Galgenacker. Diese Hinrichtungsstätten befanden sich stets an der Gemarkunsgrenze (schon alleine der Verwesungsgerüche wegen). Der Galgen wurde oft als „Niemandsfreund“ bezeichnet.

Der ehemalige Galgenacker von Blansingen

Dort blieben die Toten hängen, bis die Körper herunterfielen. Außer bei Hungersnöten, dann wurden die Gehenkten gleich abgeschnitten und verscharrt. Denn bei der bettelarmen und hungernden Bevölkerung kam es oft zu verzweifelten Taten – es gibt Schilderungen wonach die Genhenkten verschwanden um gekocht zu werden, um so dem sicheren Hungerstot zu entgehen.
Wer am Galgen endete, war keinesfalls ein Schwerverbrecher. Maren Siegman berichtete, dass zu 99 Prozent die Menschen einfach arm waren und keine Beschäftigung hatten. Um irgend etwas in den Magen zu bekommen, gab es nur einen Weg: Diebstahl. Und der wurde mit dem Tod bestraft.
Wird in wenigen Jahren verschwunden sein: Der alte Hohlweg, der von der Römerstraße zur Felsenmühle führte

Natürlich gab es noch viele weitere interessante Berichte und Erzählungen auf der dreistündigen Tour rund um Blansingen, auf die ich hier nicht näher eingehe. Es war meine zweite Exkursion mit Maren Siegmann an der ich teilgenommen habe und ich kann diese Vor Ort Begehungen mit der Museumsleiterin sehr empfehlen.

Informationen

Museum in der Alten Schule Efringen-Kirchen
Nikolaus-Däublin-Weg 2, 79588 Efringen-Kirchen
Telefon: 07628/8205 (Montag bis Mittwoch)
E-Mail: museum@efringen-kirchen.de
Öffnungszeiten: Sonntag und Mittwoch von 14 bis 17 Uhr, Eintritt frei
Führungen und Aktionen für Kinder und Erwachsene auf Anfrage über die o.e. Kontaktdaten
Webseite des Fördervereins
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