…Weißt Du auch was Schriftstellerei, als Nahrungszweig getrieben, an sich selbst, und besonders heutzutage in Deutschland ist? Es ist das elendeste, ungewisseste und verächtlichste Handwerk, das ein Mensch treiben kann – der sicherste Weg im Hospital zu sterben … Ich weiß was Du mir sagen wirst – Romane, Schauspiele, Zeitschriften, Taschenbücher – und die Beispiele von Goethe, Schiller, Richter, Kotzebue, La Fontaine. In der Tat machen diese fünf eine Ausnahme; aber was sind 5 gegen 6000 Buchmacher, die es itzt gibt? … Lassen wir aber diese Personen, und sprechen wir von der Sache selbst. Der Buchhandel liegt in einem so tiefen Verfall und wird mit jeder Messe so viel schlechter, dass selbst angesehene Buchhändler erschrecken, wenn ihnen ein Manuskript, das nicht einen schon berühmten Namen zum Garant hat, angeboten wird. Diese Buchläden sind mit Romanen und Theaterstücken aller Art dermaßen überschwemmt, daß ihnen jeder Taler zu viel ist, den sie für ein Schauspiel, das nicht von Kotzebue oder Schiller, einen Roman, der nicht von Richter, La Fontaine, oder Huber kommt, geben sollen… Mit Journalen ist vollends gar nichts mehr zu verdienen; es stechen zwar alle Jahre etliche Dutzend neue, wie Pilze aus sumpfdichtem Boden, aus den schwammichten Wasserköpfen unsrer literarischen Jugend hervor; aber es sind Sterblinge, die meistens das 2. Quartal nicht überleben….
Auszug aus einem Brief, den Christoph Martin Wieland an seinen Sohn Ludwig schrieb – im August 1802. Diesen Text habe ich dem Buch „Vom Abenteuer, einen Roman zu schreiben“ von Titus Müller entnommen, das ich derzeit für das Literatur-Café rezensiere. Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion über die Auslegung der Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen an Tageszeitungen muss ich feststellen, dass dieser Brief an seiner Aktualität auch zwei Jahrhunderte später nichts eingebüßt hat.
Übrigens: In England wollen die Kollegen und Kolleginnen streiken. Am 1. April. Und nein, das ist kein Aprilscherz.