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Das Massaker am Rhein

Geht man auf die Homepage der Gemeinde Efringen-Kirchen, dann liest man folgendes: Weitsichtig und naturnah. Gerade für Urlauber, die die Nähe zur Natur suchen, um sich mal so richtig von den Anstrengungen des Alltags zu erholen. Zu Fuß, auf dem Rad oder mit dem Boot, mit dem Spazierstock oder der Angel in der Hand. Die malerischen Wanderwege, das idyllische Rheinufer mit den Isteiner Schwellen…

Ja, so war es einmal. Naturnah.

Weitsichtig hat jetzt eine neue Bedeutung erhalten. Es ist in der Tat weitsichtig. Man hat jetzt eine weite Sicht auf den Rhein. Denn alle Bäume sind weg! Abgeholzt im Rahmen des integrierten Rheinprogramms. Für den Hochwasserschutz wird eine der schönsten und wichtigsten Rückzugsgebiete für Flora und Fauna einfach plattgemacht.

So sieht das Rheinufer auf der deutschen Seite aus. Im Hintergrund sieht man das französische Rheinufer. 
Der Leinpfad war beliebtes Ausflugsziel. Spaziergänger, Jogger, Radfahrer fanden hier eine idyllische Landschaft. Bis gestern. Der Leinpfad ist gesperrt – wegen Holzarbeiten – steht auf dem Schild. Holzarbeiten nennen sie das. Es ist ein Massaker, dem eine ganze Landschaft zum Opfer fällt. Und das ist erst der Anfang. 
Am Montag hat „Die Oberbadische“ vom Neujahrsempfang in Efringen-Kirchen berichtet. Da steht zu lesen, dass Othmar Huppmann vom Regierungspräsidium – er leitet seit 20 Jahren das Hochwasserschutzprojekt – sich folgendes für die Zukunft wünscht: „Dass die Naherholungsmaßnahmen, vor allem die neu angelegten Wege, auch angenommen werden. Die neue Aussichtsplattform werde einen bisher nicht gekannten Blick auf die Schwellen erlauben, der noch spannender werde, weil ab 2010 der Kraftwerksbetreiber deutlich mehr Wasser in den Restrhein leiten werde.“ 
Habe ich da richtig gelesen? Wie nennt er das Massaker? Naherholungsmaßnahmen? Und wann soll man denn die neuen Wege annehmen? In 25 Jahren? So lange dauert es nämlich bis die Bauarbeiten abgeschlossen sind. Wie lange wohl, bis sich die Natur von dem Einschnitt regeneriert hat? Und wer wollte denn die Plattform? NIEMAND! Toll, dass mehr Wasser in den Rhein geleitet wird. Wahrscheinlich ist von den Isteiner Schwellen auch gar nichts mehr zu sehen. Wozu dann eine Plattform?  

Der Fluss

Heute morgen las ich in der Bibel: „Der Engel zeigte mir auch einen Strom, der wie Kristall glänzte; es war der Strom mit dem Wasser des Lebens.“ (Offenbarung 22,1 Neue Genfer Übersetzung der Bibel).

Ein Fluss ist etwas wunderbares. Er ist immer in Bewegung. Es gibt keinen Stillstand oder Unterbruch. Ein Fluss bahnt sich immer seinen Weg. Über Hindernisse gleitet er einfach hinweg. Ein Fluss verändert sich ständig. Eigentlich genial, ein richtiger Überlebenskünstler, so ein Fluss.

Vor drei Tagen war ich am Altrhein, dabei ist dieses Foto entstanden. Bald wird dort in der Nähe eine Aussichtsplattform in die Landschaft geklatscht. Die Bagger sind bereits angerollt. Doch das weit Schlimmere steht noch bevor: Die Arbeiten am Hochwasser-Rückhalteraum, die das Rheinufer um rund 90 Meter zurückverlegt. Deshalb möchte ich diese wunderbare Landschaft noch dokumentieren, bevor alles umgegraben und verändert wird. 

Das, was am Altrhein passiert, ist irgendwie eine Lebensmetapher. Man zwingt dem Rhein ein neues Flussbett auf – wie schon damals bei der Rheinbegradigung durch Oberst Tulla.  Aber die Quelle ist ja immer noch die selbe. Noch immer entspringt das Wasser und bahnt sich seinen Weg. Auch wenn sich das Ufer immer wieder verändert. Im Leben ist es doch ähnlich: Man wird mit den unterschiedlichsten Hindernissen konfrontiert: Veränderungen, Krankheiten, Verlust. Und dennoch haben wir es selber in der Hand, ob wir uns davon aus unserem Fluss bringen lassen. Denn wir – die Quelle – sind ja nach wie vor intakt. Es ist also nicht die Veränderung, sondern meine Reaktion darauf, die den Lauf der Dinge bestimmt. In diesem Jahr stehen viele Veränderungen an. Ich wünsche mir, dass ich darauf so reagieren kann, wie der Fluss, der einfach immer nur weiter fließt.