Wenn der Tod im Kochtopf lauert – Pilzomelett wird zum Verhängnis

 
Grüner Knollenblätterpilz
Der hochgiftige grüne Knollenblätterpilz © Birgit-Cathrin Duval
Nur knapp entging ein Ehepaar im Landkreis Lörrach dem Tod durch eine Pilzvergiftung. In ihrem Pilzomelett befand sich der hochgiftige grüne Knollenblätterpilz.
Mitte Oktober habe ich mich mit Christoph Wermuth, Gastronom und Pilzsachverständiger der Deutschen Gesellschaft für Mykologie über Pilze unterhalten. Dabei ging es auch um die Gefahr, Pilze zu verwechseln. Damals ahnte  Christoph Wermuth nicht, wie brisant das Thema auf einmal für ihn sein sollte.
Es ist ein Sonntag, spätabends, das Restaurant hat bereits geschlossen als Christoph Wermuth einen Anruf des Kreiskrankenhauses Lörrach erhält. Eine Ärztin benötigt fachlichen Rat wegen einer möglichen Pilzvergiftung.
 
Ein Ehepaar bereitete sich aus selbst gesammelten Pilzen ein Omelett zu. Nach der Mahlzeit überkommen der Frau Zweifel. Waren es wirklich die essbaren Frauentäublinge, die sie im Korb hatte? Ein Blick in das Pilzbuch untermauert den Verdacht. Die Pilze waren leicht grünlich und hatten eine häutige Manschette am Stil. Frauentäublinge und junge Champignons werden häufig mit dem hochgiftigen grünen Knollenblätterpilz verwechselt. Erst vor zwei Wochen waren zwei Frauen in Norddeutschland an einer Pilzvergiftung gestorben, die offenbar einen giftigen grünen Knollenblätterpilz verzehrt hatten. Vorsorglich begibt sie sich nach Lörrach ins Krankenhaus.
Christoph Wermuth fährt sofort zum Wohnort des Ehepaares. Auf dem Kompost befinden sich Reste der konsumierten Pilze.
Reste-Knollenblaetterpilz
Reste der grünen Knollenblätterpilze vom Kompost Foto: © Christoph Wermuth
Im Dunkeln durchwühlt Wermuth den Kompost bis er zwei Pilzreste mit Stilen findet. „Es war äußerst schwierig, den Pilz eindeutig zu bestimmen. Die Pilzreste hatten lange Stile, es könnte sich auch um einen ungiftigen grauen Scheidenstreifling handeln, allerdings wären dann die Stile hohl.“ Wermuth zog telefonisch den Basler Pilzexperten, Peter Kaupp, hinzu. Anhand eines Geruchstests wäre der grüne Knollenblätterpilz eindeutig zu bestimmen. „Dieser Pilz riecht süßlich honigartig, aber penetrant-eklig“, erklärt Wermuth, der dem Basler Experten Fotos der Pilzreste per E Mail übermittelte. Durch den Kompost waren die Pilze nass und mit Kaffeesatz durchtränkt. Eine Identifizierung anhand eines Geruchstests war so nicht mehr möglich. Dennoch kamen beide Pilzexperten zum Ergebnis, dass es sich bei den Pilzen mit höchster Wahrscheinlichkeit um die hochgiftigen grünen Knollenblätterpilze handeln muss.
Grüne Knollenblätterpilze enthalten Amatoxine die zu tödlichen Organschäden führen. „Bereits 60 bis 80 Gramm reichen bei Erwachsenen für eine tödliche Vergiftung“, sagt Christoph Wermuth. „Diese Menge ist in einem einzigen Pilz enthalten.“ Schon eine kleine Probe reicht aus um eine Vergiftung zu verursachen. Besonders fatal ist die lange Latenzzeit bei einer Pilzvergiftung. Meistens treten die ersten Anzeichen erst fünf bis 24 Stunden nach der Pilzmahlzeit auf. Beim grünen Knollerblätterpilz äußert sich die Vergiftung zunächst in einer Magen-Darm Gastroenteritis. „Erste Anzeichnen sind heftige Brechanfälle und blutige Durchfälle“, erklärt der Pilzsachverständige. Auch können starke Schweißausbrüche auftreten. Danach setzt eine scheinbare Besserung ein. Doch die Symptome kehren zurück und führen in wenigen Tagen zum Tod durch Leberversagen. Je nach Giftmenge kann der Tod bereits in den ersten 40 Stunden eintreten.
„Das Lörracher Kreiskrankenhaus hat in diesem Fall völlig richtig gehandelt indem sie die Giftzentrale informiert hat, die gleich einen Pilzexperten hinzuzog“, berichtet Christoph Wermuth.
„Die  haben verdammt Glück gehabt. Wären sie erst am nächsten Tag ins Krankenhaus gegangen, sie wären heute nicht mehr am Leben.“
Anfang Oktober kam es im Saarland zu mehreren Pilzvergiftungen, die ebenfalls durch den Verzehr von grünen Knollenblätterpilzen hervorgerufen wurden. Einige der Patienten, so berichtet SR Online können möglicherweise nur durch eine Lebertransplantation gerettet werden. In Österreich starb eine Rentnerin, weil sie einen Parasolpilz mit einem grünen Knollenblätterpilz verwechselte.
Allen Pilzsammlern rät Christoph Wermuth die Hände von Pilzen zu lassen, die sie nicht eindeutig bestimmen können. Gerade beim grünen Knollenblätterpilz, der in unseren Wäldern sehr häufig anzutreffen ist, kommt es immer wieder zu Verwechslungen. Pilzsachbücher oder Apps, anhand denen sich Pilze bestimmen lassen, eignen sich für Unkundige nicht zur Bestimmung von Pilzen, mahnt der Pilzexperte. „Fotos sind viel zu ungenau, da viele Pilze auf den Bildern ähnlich aussehen.“
„Es halten sich auch hartnäckige Gerüchte wie die von Zwiebeln, die sich verfärben, wenn man sie mit giftigen Pilzen anbrät oder einem Silberlöffel der schwarz wird, wenn man ihn in die Pilzsauce taucht.“ Wermuth stellt klar: „Aufgrund von solchen Farbveränderungen giftige Pilze auszumachen, ist Unsinn. Wenn man den Birkenpilz, einen Speisepilz abschneidet, wird dieser schwarz, ein Flockenstieliger Hexenröhrling wird blau, ist aber essbar. Es gibt sogar Pilze, die sind so tintig, mit denen kann man auf ein Blatt Papier schreiben, die sind essbar“, erklärt Christoph Wermuth. Andere Pilze wie etwa der Faltentintling entwickeln ihre Giftwirkung nur in Verbindung mit Alkohol.
Beim Sammeln sollten Pilze nicht durcheinander in den Korb gelegt werden, sondern nach Gattungen sortiert, eventuell in einen separaten Korb oder Schale. Wermuth rät dringend dazu, sie vor dem Verzehr von einem Pilzsachverständigen kontrollieren zu lassen, damit eine tödliche Vergiftung ausgeschlossen werden kann, bevor es zu spät ist.

Text und Fotos sind urheberrechtlich geschützt © Birgit-Cathrin Duval

Ein Gedanke zu „Wenn der Tod im Kochtopf lauert – Pilzomelett wird zum Verhängnis“

  1. Vielen Dank für den Tipp und den sehr informativen Bericht. Habe bislang nur Totentrompeten gesammelt, die meines Wissens mit nichts verwechselt werden können.
    Gruß, Elena Erat

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