Abgefahren! 2000 Kilometer in NZ

Unsere letzte Etappe fuehrte uns von Fairlie nach Geraldine – und dabei sprang der Tacho auf 2.000 Kilometer! Unglaublich, aber wenn wir unsere Muskeln befuehlen, dann wissen wir , woher die kommen. Und zum Abschluss hatten wir von jedem was: steile Anstiege, Wolken, Regen, Abfahrten, Logging Trucks usw. Nur keine Sonne. Denn die scheint jetzt auf der Westkueste. Schon echt frustrierend, der Regen folgt uns noch immer. Wenn wir die Wetterkarte von Neuseeland angucken, koennten wir echt heulen. Die Sonne scheint im ganzen Land, nur in der Ecke, in der wir hocken, sind auch die Wolken!

Gegen den Wind

Wisst ihr, was noch haerter ist, als sich auf steilen Schotterstrassen einen Berg hinaufzuquaelen? Wenn man auf topfebener Strecke einen moerderischen Gegenwind hat!
Eigentlich haette das ne lockere Etappe werden koennen. Aber was wir in den vergangenen Monaten gelernt haben, ist, dass jeder, aber wirklich jeder Tag hier eine neue Herausforderung an uns stellt. Wie gesagt, die Strecke von Twizel nach Lake Tepako (60 km) haetten wir relativ schnell hinter uns gebracht, denn wir entschlossen uns, nicht auf dem Highway 8, der von vielen Trucks und noch mehr Campervans befahren wird, zu biken, sondern entlang einer Servicestrecke, die einem Kanal folgt. Aber dann kam der Wind! Und zwar von vorne oder von der Seite, was noch schlimmer war, denn wir mussten aufpassen, dass uns nicht eine Boe ins Wasser haut. Die 60 km waren echt hart, wir mussten uns jeden Kilometer erarbeiten. Sowas kann echt zermuerben! Auch der naechste Tag von Lake Tekapo nach Farlie war sehr windig und entsprechend anstrengend. Hinzu kommt die – fuer diese Jahreszeit – viel zu kalte Witterung. Brrr.

Twizel. Regen, 13 Grad

So, wir naehern uns so langsam dem Ende unserer Reise. Mit gemischten Gefuehlen. Einserseits freuen wir uns sehr auf zu Hause, unsere Freunde, Familie, Gemeinde, andererseits haben wir auch Gefallen gefunden am „Leben draussen“. 3 Monate in der Natur auf dem Bike, das veraendert und macht irgendwie gluecklich. Zwar fehlt jeglicher Komfort, aber wenn man abends unter dem Kreuz des Suedens mit wunderbarem Blick auf eine sternenuebersaete Milchstrasse sein Abendessen im Kerzenschein geniesst, dann sind das unvergessliche Momente, die wir zu Hause sicher sehr vermissen werden. Auch das Fischen…..
Inzwischen ist der Herbst eingekehrt. Wir haben den ersten Nachtfrost erlebt – und ueberlebt. Die Blaetter an den Baumen sind herrlich bunt. Gestern machten wir einen Tagesausflug (per bus) zum Mt. Cook, dem hoechsten Berg der suedlichen Alpen und dem Matterhorn nicht ganz unaehnlich. Das Wetter war wunderschoen und wir machten eine 4 stuendige Wanderung. Heute regnet es bereits wieder. So schnell kann sich nur hier das Wetter aendern. Und der Wetterbericht stimmte mal wieder nicht!
Morgen fahren wir zum Lake Tekapo von dort aus weiter Richtung Christchurch, das wir in 5 Tagen erreichen wollen. Dort verbringen wir noch ein paar Tage bevor wir nach Tongatapu in die Suedsee fliegen. Man muss sich ja irgendwie vom anstrengenden Radfahren erholen.

Die Orden der Landstrasse

Der aeltere Kiwi-Herr im Jeep drehte seine Scheibe nach unten. „You are brave“, rief er uns zu (Ihr seid aber mutig).Und mit einem „Good on you“ verabschiedete er sich. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht so genau, was noch alles auf uns zukommen wuerde. Es war Samstag, 18, Maerz und wir hatten so ca. 20 km nach Naseby in Richtung Danseys Pass hinter uns gebracht. Die Passstrasse auf den 930 Meter hohen Pass, eine hochalpine, sehr enge und geschotterte Strasse, ist nur im Sommer befahrbar. Was wir nicht ahnte: nachdem wir die Passhoehe erreicht hatten und durch ziemlich tiefen Schotter steil abwaerts surften und wir uns bereits freuten, das haerteste hinter uns zu haben, traf uns schier der Schlag als wir den Verlauf der Strasse erkennen konnten: es ging naemlich wieder aufwaerts. Und zwar noch viel steiler als beim ersten Anstieg, der uns schon alle Kraft aus den Beinen saugte! Uff. Jetzt wussten wir warum der Kiwi meinte, dass wir mutig waeren. Wir waren ziemlich am Ende und mussten die Bikes den Anstieg nach oben schieben, weil es so steil war, dass wir mit dem ganzen Gepaeck und in dem tiefen Schotter einfach nicht mehr fahren konnten. Die Wasserflaschen waren schon ziemlich leer und es war heiss und windig. Als wir endlich den zweiten Anstieg hinter uns hatten gings abwaerts – und – schon wieder fuehrte die Strasse steil nach oben.Es half alles nichts, wir quaelten uns mit den letzten Reserven nach oben. Kein Ende in Sicht! Laut Karte haetten wir schon laengst den Campingplatz erreicht haben muessen. Doch vor uns lagen nur Berge und Weideland, keine Farm in Sicht so weit das Auge blickte. „Wir muessen uns verfahren haben“, schoss es uns durch den Kopf und wir bereiteten uns schon auf wildes Campen ohne Wasser vor! Die Sonne stand bereits tief am Himmel. Trotzdem, wir mussten weiter. Dann endlich kam ein Farmhaus in Sicht. Eine freundliche Frau beruhigte uns: wir haben uns nicht verfahren und der Campground liegt nur nur 3 km von uns entfernt. Das waren weit ueber 20 km mehr als auf der Karte verzeichnet war! Nach fuenfeinhalb Stunden und 50 Kilometern und 1100 Hoehenmetern auf groben Schotter hatten wir endlich den Campground erreicht.
Als wir am naechsten Tag Sue, eine Radfahrerin aus Oregon, USA trafen und ihr erzaehlten, dass wir ueber den Danseys Pass gefahren sind, meinte sie mehrmals: I am pround of you“ – ich bin stolz auf euch. Solche Aussagen heften wir uns wie Orden an unser Revers! Die koennen das am besten beurteilen.

Irgendwo im Nirgendwo

Wir hocken hier in der Bar vom Royal Hotel von 1860 in der alten Goldgraeberstadt Naseby. Dass die hier Internet haben (Moden, sehr lahm) ist echt der Hit. Strassen gibt es hier nur aus Schotter, die Doerfer bestehen aus ein paar alten Holzhaeusern und soweit das Auge blickt nur Schafe, Schafe, Schafe. Wir sind hier mitten in der Pampa! Keine Touristen, kein Regen und keine Sandflies. Leute, uns gehts hier richtig gut! Wir sind ein paar Tage auf der Central Otago Railway gefahren, einer Eisenbahntrasse, die nun als Pfad genutzt wird. Man faehrt durch ne wuestenaehnliche Landschaft, am Horizont immer bizarre Berge im Blickfeld und ab und zu rollt man durch ein Dorf, das aus 5 Haeusern besteht. Wir sind bis nach Waipiato gekommen und blieben in Peters Farm Hostel haengen. Ein 160 Jahre altes Farmhaus mitten im Nirgendwo. Hier haben wir das Neuseeland gefunden, nachdem wir so lange gesucht haben. Ein Himmel, der bis zum Boden haengt, und Ruhe – das ist schon fast gespenstisch! Absolute Stille! Axel war angeln und holte mehrmals ein leckeres Abendessen an Land. Peter war so angetan von uns, dass er uns anheuern wollte als Housekeeper. Fuer 2 Stunden Arbeit pro Tag Kost und Logis frei. Waeren wir nicht fast am Ende unserer Reise angelangt, wir haetten sein Angebot sofort angenommen! Die Entscheindung fiel nicht leicht, aber uns treibt es wieder weiter. Jeder Tag ohne Bike ist fast ein verlorener Tag. Wir koennen hier so richtig abschalten. Hier scheint die Uhr stehengeblieben. Kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand an einem Herzinfarkt stirbt. Das Leben spielt sich hier in einer ganz anderen Zeitrechnung ab. Das hat auch auf uns abgefaerbt. Wir wissen nicht mal, welcher Tag heute ist. Was wichtig ist: Wie ist das Wetter, weht der Wind, von wo weht der Wind (bei Gegenwind radeln ist echt besch….), wird es regnen, haben wir genug Wasser und Proviant und wo uebernachten wir heute. Das sind die wichtigen Fragen, die wir jeden Tag aufs neue klaeren muessen. Morgen steht eine Etappe ueber den Danseys Pass an, eine geschotterte Passtrasse, die auf knapp 1000 Meter hinauffuehrt. Dann wollen wir Richtung Lake Tekapo und von dort nach Christchurch. Wer mal vorhat nach Neuseeland zu fliegen: ihr muesst unbedingt nach Central Otago! Das hat was von Wildwest Romantik – off the beaten Track. Uns jedenfalls gefaellts! Man kann stunden, ja tagelang unterwegs sein und trifft keine Menschenseele. Nur Schafe – von denen gibts hier echt massig viele.

The Cardrona Challenge

Nachdem wir ein paar Tage in Wanaka am Lake Wanaka verbracht hatten (und endlich ein bisschen Sonne tanken konnten, das war wichtig, denn abends wurde es ziemlich derb kalt ) stand am 6. Maerz unsere groesste Herausforderung bevor: die Crown Range Strasse von Wanaka nach Arrowtown. Eine hochalpine Gebirgsstrasse und der hoechste Pass Neuseelands, der auf ueber 1180 Meter fuehrt. Wir haben den Berg fast geknackt. Etwa 800 Meter vorm Gipfel mussten wir absteigen und schieben, es war einfach zu steil. Oben angekommen, raubte es uns schier den Atem: vor uns eine bizarre schneebedeckte Gebirgswelt und eine Strasse,die bergab fuehrte, dass einem schier schwindlig wurde. Der Wind war ziemlich heftig, doch innerhalb von 15 Minuten entwickelte er Orkanstaerke! Wir konnten nicht bergabfahren. Der Wind kam so stark von der Seite, dass er uns schier aus den Pedalen hebelte. Stellt euch das mal vor: ein Gefaelle von 20 Prozent und wir muessen die Bikes schieben! Es war echt unheimlich. Weiter unten ging es wieder etwas besser und wir konnten wieder fahren, obwohl wir hin und wieder absteigen mussten, weil der Wind wieder zu stark wurde. Wir schlugen unser Camp in Arrowtown, einer alten Goldgraeberstadt auf. Natuerlich haben wir auch am Arrow River Gold gewaschen und wurden sogar fuedig! Naja, es reicht leider nicht, um uns zur Ruhe zu setzen, aber Spass gemacht hat es auf jeden Fall.
Wir sind jetzt in Cromwell angelangt, in Central Otago. Es ist Herbst und abends schon richtig kalt. Wir radeln fuer die naechsten 3-4 Tage auf einer stillgelegten Eisenbahntrasse, der Central Otago Railway. Leider wurde es nichts mit Milford Sound wegen des schlechten Wetters. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, nach Cetral Otago zu radeln. Hier ist das Wetter noch einigermassen gut.