Mein Moleskine

Es gibt nichts Schwierigeres als eine Linie. Pablo Picasso
Ich hingegen behaupte, dass es nichts Schwierigeres gibt, als ein neues Tagebuch zu beginnen. Heute habe ich ein neues begonnen. Nicht irgendein Tagebuch, sondern ein Moleskine. Bisher ließ ich meine Tagebücher von einem Hobby-Buchbinder herstellen, der leider so schwer erkrankte, dass er keine Bücher mehr binden kann. Ersatz musste her! Fündig wurde ich in einem Basler Papiergeschäft. Ich entdeckte das Moleskine. Jenes legendäre schwarze Notizbuch der Künstler und Intellektuellen der vergangenen zwei Jahrhunderte. Hemmingway benutzte es, ebenso Picasso und Bruce Chatwin. Das alles wusste ich vor meinem Kauf nicht. Mich beeindruckte der Einband, die Qualität und das gute Gefühl, wenn ich es in die Hand nehme. Doch es sollte Wochen dauern, bis ich das Moleskine endlich aus der Klarsichthülle pulte um hineinzuschreiben. Der Beginn eines neuen Tagebuches ist immer ein Neubeginn. Als hätte man einen Lebensabschnitt mit dem alten Tagebuch beendet. Als hätte man einen Roman zu Ende geschrieben. Danach öffnet man auch nicht sofort das nächste Word Dokument um einen neuen zu beginnen. Nein, man hält inne, reflektiert, besinnt sich auf Neues. Genauso verhält es sich mit dem Tagebuchschreiben. Wie ein Maler, der vor einer weißen Leinwand sitzt. Noch ist sie leer, noch stehen dem Künstler alle Wege und Möglichkeiten offen. Doch sobald er einen einzigen Strich zieht, ist der Weg vorgegeben. Er hat sich festgelegt. Genauso ergeht es mir mit dem Beginn eines neuen Tagebuchs, meinem Moleskine, das mich jetzt die nächsten Monate begleiten wird.

4 Gedanken zu „Mein Moleskine“

  1. Mal ganz abgesehen davon, dass sich Moleskin ohne e am Ende schreibt (der Begriff bedeutet „Maulwurfshaut“, und Hemingway wäre auch mit einem „m“ glücklich), ist das doch alles Humbug… Die von Chatwin verwendeten Bücher gibt es seit Jahren nicht mehr auf dem Markt. 1998 kaufte eine italienische Firma den Namen – und verkauft seither billige, von Kindern in China produzierte Büchlein für viel viel Kohle. Don’t believe the hype!

  2. Sehr interessant….
    Hast du mir da eine Quelle, wo man mehr darüber erfahren kann?
    und danke für deinen Kommentar

  3. jo. hier, Tobias Kniebe in der SZ:

    „Als Marketing-Faltblatt liegt die Story von den großen Vorbildern zwar jedem Büchlein bei und wird in Lifestyle-Artikeln pausenlos nachgebetet – aber die Details stimmen leider überhaupt nicht.

    Jenes Notizbuch, das früher wirklich in der Pariser Künstler- und Literatenszene Verwendung fand, war mit einem Baumwoll-Wachsstoff namens »Moleskin« (Maulwurfshaut) bezogen. Die italienische Firma allerdings, die aus dem Begriff später ein eingetragenes Warenzeichen machte und im Jahr 1998 einen Notizbuch-Boom lancierte, hatte erstens damit nicht das Geringste zu tun und verwendet zweitens – unerklärlicherweise – einen Einband aus Leder-imitat made in China. Wer in diese millionenfach produzierte Ersatz-Legende eine Idee à la »Alter Mann. Meer. Großer Fisch.« hineinkritzelt, sollte also nicht ernsthaft mit dem Nobelpreis rechnen.

    Den wahren Zweck dieses eigentlich viel zu teuren Wegbegleiters zeigt erst eine Langzeitstudie im Selbstversuch. Wer mehr als zehn Euro für so wenig Papier zum Vollschreiben ausgibt, hat das Gefühl, seine Aphorismen, Bonmots und Ideen an einem wertvollen Ort geborgen zu haben, der ihrer einzigartigen Qualität entspricht. Dort ruhen sie dann, sicher durch das Gummi zusammengehalten, und warten auf ihren Einsatz zu gegebener Stunde.“

  4. DANKE! Gibts auch einen Link dazu?
    Werd mich dann demnächst mal mit dem Thema befassen und einen neuen Post schreiben.

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