Meine Reise zum Polarkreis – Ankunft in der Pommesbude

Warum wollte ich eigentlich nach Nunavut ?

Nunavut ist das Land der Eskimos. Für mich ist das ein Sehnsuchtsort. Ein Ort, der mich bereits als Kind in seinen Bann zog. Menschen, die mit dicken Fellen bekleidet in eisiger Kälte in Iglus wohnen, das müssen besondere Leute sein. Und die wollte ich unbedingt kennenlernen. 

Ein steinernes Monument kennzeichnet den Polarkreis in Repulse Bay
Ein steinernes Monument kennzeichnet den Polarkreis in Repulse Bay

Repulse Bay liegt am Polarkreis doch es ist Sommer und von einer Eiswüste ist nichts zu sehen. Dafür geht hier vom 4. Juni bis 9. Juli die Sonne nie unter. Im Sommer sind angenehme Temperaturen zwischen 10 bis 24 Grad normal. Gut, dass sich die Wettervorhersage nicht bewahrheitet hat, denn die sah für unseren Ankunftstag frostige 3 Grad Plus und Regen, ja sogar Schneeregen voraus.

Landung auf der Schotterpiste von Repulse Bay
Landung auf der Schotterpiste von Repulse Bay

Und hier bin ich, an Bord der ATR der Airline CalmAir und fliege von Rankin Inlet nach Repulse Bay. Es ist ein wunderschöner Tag, die Propellermaschine fliegt sanft durch die Luft, der Himmel ist so kitschig blau wie auf Postkarten und unter uns erstreckt sich die Hudson Bay wie ein riesiges Meer. Und von Iglus keine Spur.

Der Flughafen von Repulse Bay sieht aus wie ein mobiler Hähnchengrill

Ich komme mir vor wie ein Entdecker, als die Propellermaschine der CalmAir auf der Schotterpiste von Repulse Bay landet. Ich glaube, wir hätten genauso gut auf dem Mars landen können. So fremd und anders sieht es hier aus. Eine karge, unwirtliche Welt. Felsen, Sand, Steine. Darüber spannt sich das Blau des Himmels wie ein riesiger Farbklecks. Als ich beim Aussteigen auf die weißblaue Maschine der CalmAir blicke, kommt sie mir vor wie ein Raumschiff, das auf seiner Mission nach bewohnten Planten zu forschen, am Ende der Milchstraße endlich den ersehnten Erfolg hatte.

Das Flughafengebäude von Repulse Bay
Das Flughafengebäude von Repulse Bay

Das Flughafengebäude von Repulse Bay erinnert mich an den mobilen Hähnchengrill, der wöchentlich vor dem örtlichen Rewe-Markt meines Dorfes aufschlägt. Die Containerbox von Repulse Bay ist etwas größer und statt des Schildes “Chicken Express – knusprig saftig” steht dort “Willkommen to Repulse Bay” auf Englisch, Inuktitut und Französisch. Und diese Luft. Herrlich klar und rein wie eine Packung Rachengold. Garantiert ohne Pollen. Und sie stinkt nicht nach altem fettigen Öl wie donnerstags vorm Rewe. Im Vergleich mit der arktischen Brise riecht es in staatlich geprüften Luftkurorten wie in einem Schlafzimmer, das man drei Tage lang nicht gelüftet hat.

Kaum ist der Arktis-Reisende aus dem Container gestolpert (Vorsicht, es gibt da eine fiese Stufe), ist auch schon der Polarkreis erreicht. Eigentlich könnte sich Repulse Bay als erster Fly-In-Polarkreis vermarkten. Walskelett und steinerner Torbogen sind bereits vorhanden. Fehlt nur noch ein bisschen Merchandise und die obligatorische Fressbude. Apropos Rundbogen: Der Bogen erinnert mich an das gelbe Logo eines Konzerns, der gerne mit “Ich liebe es” wirbt. Mir schwant Übles: Hoffen wir, dass nicht schon bald das goldene Logo über dem Polarkreis prangt….
Unsere Ankunft bleibt indes nicht unbeobachtet. Während wir auf unser Gepäck warten, kommen erste Kontakte zustande. Ob wir die neuen Lehrer sind, werden wir gefragt.  Und schwupps habe ich ein Baby im Arm und die Geschwister wollen unbedingt mit aufs Foto. Denn, so erfahren wir später, wenn Weiße kommen, sind es fast immer Lehrer, die an der Schule unterrichten.

Wer als Weißer nach Repulse Bay kommt ist meist ein neuer Lehrer
Wer als Weißer nach Repulse Bay kommt ist meist ein neuer Lehrer – und mit dem möchte sich die Dorfjugend gleich abbilden lassen

Während wir uns fotografieren und filmen (wann hat man schließlich die Gelegenheit, den Polarkreis zu durchschreiten), kommt auch unser Gepäck aus dem Container.

Das Naujat Hotel in Repulse Bay
Das Naujat Hotel in Repulse Bay, mit den Parkplätzen wird’s ein wenig eng

Nur einen Steinwurf vom Flughafen entfernt befindet sich das Naujat Inns North, unser Motel für die nächsten Tage in Repulse Bay.

Es gibt 15 Zimmer, einen Dining-Room in dem Frühstück und Abendessen serviert wird und freies WLAN! Mit 239 Kanadischen Dollar pro Nacht nicht gerade günstig, aber hey, wir sind hier am Polarkreis in der Arktis.

Blick in die Küche
Blick in die Küche

Morgens wartet bereits frisch gebrühter Kaffee und zum Frühstück serviert Francois, der Koch aus Quebec, mal Pancakes, mal Bratkartoffeln mit Würstchen. Beim Toast und Cereal bedient man sich selbst. Das Hotel ist mit einem Trupp Bauarbeiter aus Quebec belegt, die in Repulse Bay mit dem Bau einer neuen Schule beschäftigt sind.

Abends ab 18 Uhr gibt es Abendessen und das ist immer eine Überraschung. Man weiß vorher nie, was Francois gekocht hat. Teller werden  aus der Küche gereicht. Spaghetti Bolognese oder Kartoffeln mit Fleisch. Sie sind üppig beladen und das Essen schmeckt wirklich lecker.

ATVs - zu deutsch Quads sind die häufigsten Verkehrsmittel in Repulse Bay
ATVs – zu deutsch Quads sind die häufigsten Verkehrsmittel in Repulse Bay

Repulse Bay war schon immer ein begehrter Ort der Inuit zum Jagen und Fischen. Heute leben rund 1000 Menschen hier. Obwohl man auf den ersten Blick meinen könnte, dass hier nichts an das typische Leben von „Eskimos“ erinnert, ist Repulse Bay auch heute noch sehr traditionell, wie wir in den nächsten Tagen erfahren werden.

Das magische Licht der Arktis
Das magische Licht der Arktis, im Sommer braucht es nachts keine Straßenlaternen

Dieses Foto entstand abends gegen 23 Uhr. Ich liebe dieses Licht der Arktis. Diese sanften Pastelltöne. Nachts bleibt es hell und würde man im Hotel die dunklen Vorhänge nicht zuziehen,  käme man überhaupt nicht zum Schlafen.

Blick auf die Bay
Blick auf die Bay

Im Sommer bleiben die Inuit oft die ganze Nacht mit ihren Booten draußen. Die Bay von Repulse ist wegen seiner großen Narwal-Population bekannt. Im Sommer, wenn die Mitternachtssonne 24 Stunden Tageslicht beschert, finden sich Inuit aus den umgrenzenden Gemeinden zur Narwal-Jagd ein. Während unseres Besuches war Jagdzeit. Eigentlich sollten wir einen bekannten Inuit-Künstler treffen, doch der hatte sich kurzerhand entschuldigt – es sei Jagd und er habe keine Zeit.

Im nächsten Teil berichte ich darüber, warum man sich beim Gemeindefest möglichst schnell und ungeniert  an den Töpfen bedienen sollte.

Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einlandung im Rahmen der GoMedia 2014 der Canadian Tourism Commission und wurde von der Great Canadian Travel Company organisiert.

Teil 1 gibt es hier zu lesen: Entdeckertour in die Arktis 

 

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