Back to the Basics

Ich liebe das digitale Zeitalter. Heute ermöglichen Computer und Internet unbegrenzte Kommunikation. Das war nicht immer so. Als Jugendliche kommunizierte ich über CB Funk. Die Post erlaubte nur Geräte mit geringer Sendeleistung und 12 Kanälen. Damals war es schon eine kleine Sensation, wenn der Kontakt zu einem Funker in der Innerschweiz zustande kam. Dann tauschte man QSL Karten aus, auf denen der Funkkontakt vermerkt wurde. Das war immer eine große Freude, wenn die bunten Karten, die meist ein Foto oder Cartoon des Funknamens zierten, in meinen Briefkasten flatterten. Während ich Hausaufgaben machte, war das Funkgerät stets an. Oft knackte es und rauschte und es war immer sehr spannend, wenn man eine neue Station erreichte. Wenn man um die Welt funken wollte, musste man eine Lizenz erwerben und eine ziemlich schwere Prüfung ablegen. Unter anderem musste man das Morsealphabet aus dem ff beherschen. Dafür benötigte man Kurzwellenfunkgeräte und monsterhafte Antennen. Heute schalten wir den Computer an und sind mit der ganzen Welt vernetzt.
Vor zehn Jahren kamen PDA’s – Personal Digital Assistants(Elektronische Terminplaner) auf den Markt. Ich kaufte mir den Palm Vx und war begeistert. Damit konnte ich nicht nur Termine und Adressen verwalten, sondern (mit einem faltbaren Keyboard), Artikel und Tagebuch schreiben. Der Palm wurde zum ständigen und unverzichtbaren Begleiter. Die neueren Geräte ermöglichten mit dem Handy Empfang und Versand von Email. So war ich jederzeit und überall erreichbar.
Während unserer dreieinhalb Monate Nomandenleben mit Zelt und Fahrrad bestanden die wesentlichen Fragen des Lebens aus: Wie ist das Wetter heute? Wohin fahren wir? Auf welchen Straßen erreichen wir unser Ziel? Wieviel Kilometer und Höhenmeter müssen bewältigt werden? Wo bekommen wir Frischwasser und Proviant? Wo stellen wir heute Abend unser Zelt auf?
Wir sind keine Woche zurück in Deutschland und schon hat uns die Komplexität des Lebens wieder. Wir haben Probleme mit der Internetverbindung, Axels Monitor hat seinen Dienst quittiert, hätte ich mich nicht an mein Computerpassword erinnert, wären alle Daten auf dem Palm verloren. Das Leben kann ganz schön kompliziert sein. Wir haben in Neuseeland ein paar Entscheidungen getroffen. Es sind keine, die unser ganzes Leben auf den Kopf stellen. Aber es sind erste Schritte zurück zu einem einfacheren Leben. Ich habe bereits seit längerem ein Moleskine-Buch, das mir als Tagebuch dient. Schreiben mit Feder und Tinte, Buchstaben, die auf Papier trocknen, das ist doch etwas ganz anderes als Tastenschläge, die als Bites und Bytes gespeichert werden. Morgen bestelle ich mir ein Zeitplanbuch und verabschiede mich von der Ära Palm. Axel trennt sich von seinem Auto und wird fortan mit dem Bike zur Arbeit fahren. Wie gesagt, es sind erste, kleine Schritte. Es werden weitere folgen und ich halte euch auf dem laufenden. Wie geht es euch? Sehnt ihr euch auch nach einem „Einfach einfach Leben“?

Woran man merkt, dass man zu Hause ist

Wenn man nach dreieinhalb Monaten seinen Computer startet und das Kästchen Enter Password erscheint. Und man ratlos vor der Kiste sitzt. Wenn eine halbe Stunde später noch immer die Fehlermeldung WRONG PASSWORD erscheint, dann weiss man, dass man während der Reise so richtig gut abschalten konnte. Meine Rettung war, dass ich kreativ denken kann. Mein früheres Leben als Journalistin wurde mir gewahr und dann war es auch wieder da, das Password. Puh!
Nach 6 Flügen (12 Starts und Landungen) angefangen vom Schüttler der Royal Tongan Airlines über eine 767, eine 747 und einen Lufthansa Airbus, haben wir die Datumsgrenze und zig Zeitzonen überquert und sind am Mittwoch in Frankfurt gelandet.
Für die nächsten 12 Monate will ich sicher keinen Flieger mehr von innen sehen.
Deutschte Ordentlichkeit und Gründlichkeit hat uns wieder. Das ist ein krasser Gegensatz zum Südseeleben in Tonga. Ich schildere unsere letzten Minuten in Tonga: Der Flughafen ist stockdunkel, nur die Halle ist beleuchtet. Es ist ein offener Bretterverschlag in dem es von Menschen wimmelt. In Tonga kommen stets Freunde und Familie mit zum Flughafen, also fast die halbe Insel. Die Abflug-Ankuftshalle gleicht so eher einem türkischen Basar. Einen Tower gibt es nicht, jedenfalls habe ich keinen gesehen. Nachts ist die Landebahn mit Fackeln beleuchtet. (Nein, das war ein kleiner Scherz, die haben schon so blau leuchtende Landefeuer). Beim Einchecken stellte uns die Angestellte den Boarding Pass für den Lufthansa Flug von London nach Frankfurt aus, statt den von Los Angeles nach London. Dann folgt die Ausreise, Stempel in den Pass – Departed. Anschließend die Sicherheitskontrolle. Es wird ein bisschen am Reisverschluss des Rucksacks genästelt, man greift einen Artikel raus, dann wird wieder eingepackt. Neben dem Sicherheitsbeamten verstaubt das Radargerät. Ist auch besser so, der der Apparat ist so alt, dass man sehr wahrscheinlich verstrahlt würde, falls hier was ge-x-rayt wird.

Nun, jedenfalls sind wir gut in Los Angeles angekommen. Ein blinder Passagier sorgte für ein wenig Aufregung nach der Landung. Das Bodenpersonal hatte einen Gecko entdeckt und so mussten erst die Veterinäre anrücken die das arme Tierchen fachgerecht entsorgten. In London haben wir in letzter Minute unseren Anschlussflug erreicht und nach weiteren vier Stunden Autobahn waren wir wieder daheim.
Nach drei Monaten draussen leben kommt hier einem alles
wie purer Luxus vor. Ein eigenes Bad, eigene Toilette, eigenes Bett, frische Brötchen vom Bäcker nebenan. Heute ist alles schon wieder so normal. Der Mensch ist und bleibt eben doch ein Gewohnheitstier.